Wirtschaftspartner gesucht: Deutschlands Operation Afrika

    Habeck in Südafrika:Deutschlands Operation Afrika

    von Klaus Weber
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    Deutschland möchte sich wirtschaftlich breiter aufstellen, um unabhängiger von China oder Russland zu werden. Neue Partner werden gesucht. Ein Zielkontinent ist Afrika.

    Südafrika, Kapstadt: Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen, r), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Alan Winde, Premierminister der Provinz Westkap äußern sich nach ihrem Gespräch im Leeuwenhof.
    Wirtschaftsminister Robert Habeck (r.) und Alan Winde, Premierminister der südafrikanischen Provinz Westkap, bei einer Pressekonferenz im Leeuwenhof.
    Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa

    "Afrika ist heute ein Muss für deutsche Unternehmen - und nicht mehr nur ein Chancenkontinent", sagt Wolfgang Niedermark, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Deutschen Industrie. Kürzlich hat sein Verband deswegen ein 40 Seiten starkes Positionspapier herausgegeben und sozusagen die "Operation Afrika" ausgerufen.
    In vielen Bereichen soll es künftig zu mehr Kooperation und Investitionen kommen. Freier Handel, Rohstoffe und erneuerbare Energien. Das sollen die Schwerpunkte im wirtschaftlichen Miteinander sein.

    Afrika, das neue Asien?

    Viele sehen in Afrika schon das neue Asien. Was sich so pauschal sicher nicht beurteilen lässt, denn dazu sind die Voraussetzungen der einzelnen Länder zu unterschiedlich. Für Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, wird Afrika dennoch "in den nächsten 15 bis 20 Jahren in der globalen Wirtschaft eine ganz andere Rolle spielen als bisher". Auch wenn man es letztlich nicht mit Sicherheit vorhersagen kann, gibt es eine Vielzahl guter Gründe für diese Annahme.
    Zentrale Treiber einer starken Entwicklung des afrikanischen Kontinents sind der Rohstoffhunger der Welt und der Bedarf an erneuerbaren Energien. Christoph Kannengießer erklärt dies so:

    Afrika ist der rohstoffreichste Kontinent der Welt. Außerdem hat keine Region der Welt so gute Bedingungen für erneuerbare Energien.

    Christoph Kannengießer, Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft

    Wichtige Rohstoffe für Deutschland

    Tatsächlich bietet Afrika alles, wonach sich Deutschland sehnt. Länder wie Namibia oder Südafrika könnten das Mekka für "grünen Wasserstoff" werden - ein Grund für die aktuelle Reise von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf den Kontinent. Der Grünen-Politiker war am Sonntag zu einem mehrtägigen Besuch aufgebrochen, welcher ihn auch nach Südafrika zur deutsch-afrikanischen Konferenz an diesem Mittwoch führen wird.
    Rohstoffe wie Kobalt, Lithium oder Platinmetalle sind wichtig für die Elektromobilität, die Digitalisierung und die Industrie 4.0. Afrikanische Länder verfügen über große Mengen dieser Ressourcen.
    Ziel soll aus Sicht der deutschen Wirtschaft die Schaffung einer Win-win-Situation sein. Nachhaltige Gewinnung und Weiterverarbeitung der Rohstoffe vor Ort sowie Versorgungssicherheit für deutsche Unternehmen. Was bedeutet, dass deutsche Politik und Wirtschaft viel mehr investieren müssten als bisher und vor allem echte Partnerschaften entstehen.
    Wasserstoffleitung mit Pfeil und Schriftzug "Wasserstoff"
    Grüner Wasserstoff ist längst in Europa angekommen. Auch Deutschland will damit langfristig Gas ersetzen.15.11.2022 | 6:45 min

    "Exzellenter Ruf" deutscher Unternehmen in Afrika

    Vor dem Hintergrund der Kolonialzeit sicher eine nicht ganz einfache Aufgabe. Dies sei aber, laut Einschätzung von Christoph Kannengießer, für deutsche Unternehmen weniger ein Hindernis als beispielsweise für französische: "Der erhobene deutsche Zeigefinger ist eher ein Problem." Differenziert sieht Kannengießer den Vorwurf, dass deutsche Unternehmen im Vergleich zu chinesischen spät dran seien mit ihrem Engagement.
    Die Chinesen seien in erster Linie bei Rohstoffen und Infrastruktur tätig. Wachstum und Nachfrage seien aber viel größer. "Beispielsweise sind noch immer 50 Prozent der afrikanischen Bevölkerung ohne Strom. Da, aber auch in anderen Bereichen gibt es noch ganz viel Platz für deutsche Unternehmen." Zudem "spüren die Afrikaner, dass einseitige Abhängigkeit von China nicht gut ist" und deutsche Unternehmen hätten "einen exzellenten Ruf".

    Wachsender Markt Afrika

    Afrika ist tatsächlich ein riesiger Markt. Unter den 20 wachstumsstärksten Ländern waren 2021 drei aus Afrika. Libyen - mit über 30 Prozent Wachstum - sogar auf Platz eins weltweit. Die afrikanische Bevölkerung wird sich in den nächsten Jahren verdoppeln und 20 Prozent der Weltbevölkerung stellen.
    20 Millionen junge Arbeitskräfte drängen dort jedes Jahr in den Arbeitsmarkt, die auch viele Probleme unserer alternden Gesellschaft lösen könnten. Man müsste fast blind sein, um da nicht extreme Chancen für die deutsche Wirtschaft zu erkennen. Dafür ist es aber wichtig, dass wir Afrika endlich als echten dauerhaften Partner anerkennen und behandeln. Denn, so Christoph Kannengießer:

    Wir dürfen Afrika nicht nur dann interessant finden, wenn es gerade gilt, ein Loch bei uns zu stopfen.

    Christoph Kannengießer, Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft

    Das hieße auch: Operation Afrika gescheitert.

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