Arzneimittel online: Immer mehr Bestellungen

    Apotheken leiden:Immer mehr Medikamente werden online bestellt

    von Mischa Ehrhardt
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    Die Bestellungen von Arzneimitteln über das Internet haben zugenommen. Es handelt sich um einen lukrativen Markt. Und den könnte eine Drogeriemarktkette bald aufmischen.

    Eine Frau bestellt in Internet ihre Arzneien, von denen ein paar Proben auf dem Tisch liegen, Symbolbild
    Immer mehr Menschen bestellen via Internet Medikamente - zulasten der Apotheken(Symbolbild).
    Quelle: dpa

    Im Regal der dm-Filiale in der Frankfurter Innenstadt stehen schon jetzt allerlei Nahrungsergänzungsmittel oder auch frei verkäufliche Produkte gegen Erkältungen. In Zukunft könnten es deutlich mehr werden. Denn die Drogeriekette hat Ende letzten Jahres angekündigt, in den Bereich der Online-Apotheken vorzudringen.

    Arzneimittel - ein sehr einträgliches Geschäft

    Damit liegt dm im Trend. Denn mittlerweile kaufen immer mehr Menschen in Deutschland Medikamente oder Nahrungsergänzungsmittel über das Internet. Im vergangenen Jahr haben das 21 Prozent der Menschen zwischen 16 bis 74 Jahren getan.
    Das geht aus Daten hervor, die das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag veröffentlicht hat. Damit ist der Anteil in den vergangenen Jahren vergleichsweise deutlich gestiegen - 2021 hatten nur rund 16 Prozent Arzneimittel oder Vitaminpräparate im Internet gekauft.

    Das Geschäft mit Arzneimitteln ist ein sehr einträgliches Geschäft.

    Constanze Freienstein, Unternehmensberatung AlixPartners

    Deswegen verwundert es laut Constanze Freienstein von der Unternehmensberatung AlixPartners nicht, dass Ketten wie dm sich ein Stück von dem Kuchen sichern wollen. "Letztlich geht es um die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen. Zudem kann man hier eine loyale Kundenschicht gewinnen, die regelmäßig bestellt oder einkauft."
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    Bald auch Beratung und Impfungen in der Drogerie?

    Die Drogeriemarktkette hat mit den Vorbereitungen einer Online-Apotheke begonnen, von Tschechien aus soll die dann künftig agieren. Auch führe das Unternehmen Gespräche mit Herstellern und Lieferanten für so genannte OTC-Produkte. Das sind Arzneimittel, die rezeptfrei verkauft werden dürfen - darunter fallen beispielsweise Schmerzmittel wie Paracetamol.

    Für Christian Splett, stellvertretender Pressesprecher der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), ist die persönliche Kommunikation und Interaktion mit den Fachleuten der Apotheke vor Ort aus verschiedenen Gründen wichtig. Der Experte nennt mehrere Bereiche, in denen die örtlichen Apotheken im Vorteil gegenüber den Versandapotheken sind:

    • Direktes Gespräch von Angesicht zu Angesicht, Aufbau von Vertrauen und auch spontane Nachfragen, die zur besseren Beurteilung der Gesamtmedikation sowie von möglichen Neben- und Wechselwirkungen von Arzneimitteln führen können.
    • Direkte Absprachen zwischen Arztpraxis und Apotheke, wenn es zum Beispiel zu einem Lieferengpass einer Arznei kommt.
    • Nacht- und Notdienste können Versandapotheken nicht leisten.
    • Individuell zubereitete Medikamente - sogenannte Rezepturen - müssen schnell, sicher und zuverlässig angefertigt und abgegeben werden.

    Der Chef der Drogeriekette, Christoph Werner, geht aber noch weiter. Er könne sich vorstellen, zukünftig auch Beratungen, Impfungen und den Verkauf von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln anbieten zu können. Das wäre nach dem Vorbild von Drugstores etwa in den USA. Rückenwind bekommen solche Pläne durch die zunehmende Digitalisierung.

    Wofür es heute den ausgebildeten Apotheker braucht, kann künftig automatisiert werden.

    Christoph Werner, Chef von dm

    Apotheken haben es schwer, bei online-Preisen mitzuhalten

    Hintergrund des geplanten Vorstoßes von dm in den online-Arzneimittelhandel dürfte auch die Tatsache sein, dass die Zahl der Apotheken hierzulande seit Jahren sinkt: Allein in den nicht einmal vier Jahren der vergangenen Ampelregierung hat Deutschland sieben Prozent seiner Apotheken verloren.
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    Auf Seiten der Apotheken sieht man Online-Apotheken und auch den angekündigten Vorstoß der Drogeriemarktkette dm naturgemäß kritisch. "Durch Online-Bestellungen können die Menschen nicht mehr wertschätzen, was die Vorteile der Apotheke vor Ort sind", sagt Annie Schlarp, Apothekerin in der Lukas Apotheke in Frankfurt. Sie sieht auch ein handfestes wirtschaftliches Problem durch den Arzneimittel-Versandhandel. Und das bestehe bereits jetzt durch Online-Anbieter wie DocMorris oder der Shop-Apotheke.

    Druck auf Apotheken dürfte steigen

    "Wo wir schwer mithalten können sind die vergünstigten Preise. Online-Anbieter kaufen alles in Massen und vor allem im Ausland, nicht in Deutschland. Da können wir preislich oft dann nicht mithalten", sagt Schlarp. Und das sei ein Problem gerade in Zeiten, wo bei den Menschen das Geld nicht mehr so locker sitzt und viele Menschen auch zum Sparen gezwungen sind.

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    FAQ
    Der Druck auf Apotheken dürfte also bestehen bleiben oder steigen. Insbesondere, wenn dm seine Pläne in die Tat umsetzt. Bislang plant die Drogeriemarktkette, in der zweiten Hälfte dieses Jahres mit der Online-Apotheke zu starten. Dabei betont dm-Chef Christoph Werner, dass es nicht darum gehe, den Apotheken Konkurrenz zu machen. Man wolle stattdessen einen Beitrag für eine erschwingliche Versorgung mit Gesundheitsprodukten in Deutschland leisten.

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    Quelle: dpa

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