IAB-Studie: Deutschland droht hoher Arbeitskräfteverlust

    IAB-Studie:Deutschland droht hoher Arbeitskräfteverlust

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    Beschäftigte der Baby-Boomer-Jahrgänge gehen bald in Rente und hinterlassen eine Lücke auf dem Arbeitsmarkt. Laut einer Studie könnte der Arbeitsmarkt um ein Siebtel schrumpfen.

    Baden-Württemberg, Korntal-Münchingen: Ugaas, Flüchtling aus Somalia, arbeitet in seinem Ausbildungsbetrieb. Archivbild
    Das Problem ließe sich laut der Autoren der Studie aufhalten, wenn es gelinge, die Erwerbsquoten zu erhöhen.
    Quelle: Christoph Schmidt/dpa

    Wer in Deutschland einen Klempner braucht, einen Dachdecker oder einen Elektriker, muss entweder gute Kontakte haben - oder viel Geduld. Der Fachkräftemangel greift Raum. Und die Zahlen, die das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) am Montag vorgelegt hat, lassen die Alarmlampen aufleuchten:
    Dem ohnehin strapazierten deutschen Arbeitsmarkt gehen bis 2035 sieben Millionen Arbeitskräfte verloren - wenn nicht kräftig gegengesteuert wird.

    Gegensteuern durch Erhöhen der Erwerbsquoten

    Hintergrund ist hauptsächlich, dass viele Arbeitnehmer der sogenannten Baby-Boomer-Jahrgänge bald in Rente gehen. Das Problem könne aber gelöst oder zumindest gelindert werden, wenn es gelinge, die Erwerbsquoten zu erhöhen - etwa bei Älteren und bei Migrantinnen - sowie gezielte Zuwanderung erfolgreich zu ermöglichen, heißt es in der Studie.

    Bis 2035 verliert Deutschland durch den demografischen Wandel sieben Millionen Arbeitskräfte und damit ein Siebtel des Arbeitsmarkts.

    Enzo Weber, Mitautor der IAB-Studie

    "Aber die Schrumpfung lässt sich aufhalten, wenn alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, um Ältere im Job zu halten, berufliche Entwicklung von Frauen zu stärken, Zuwanderer anzuziehen und zu integrieren, Arbeitslosigkeit weiter abzubauen und die Geburtenrate zu erhöhen", betonte IAB-Forscher Enzo Weber.

    DGB: Bekämpfung des Fachkräftemangels inkonsequent

    Dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) geht das bisher nicht schnell und nicht konsequent genug. "Immer noch kommen zu viele Arbeitslose nicht in Arbeit, und zu viele Ausbildungswillige nicht in Ausbildung, Menschen mit Migrationsgeschichte werden diskriminiert, Fachkräfte arbeiten in fachfremden Berufen, zahlreiche Menschen verlassen ihren Beruf - etwa in der Pflege, im sozialen Bereich und der Gastronomie", bemängelte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel.

    Die Bundesregierung muss strukturelle Probleme abräumen und die hausgemachten Ursachen des Fachkräftemangels beseitigen. Wir brauchen bessere Aus- und Weiterbildung, mehr Qualifizierung und eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen.

    Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied

    Menschen mit Behinderungen bräuchten bessere Zugänge zu Arbeit, ältere Beschäftigte brauchen passende Arbeitsbedingungen. Hier seien vor allem die Unternehmen in der Pflicht: "Arbeitgeber, die Beschäftigte nicht aus- und weiterbilden und schlechte Löhne zahlen, können nicht gleichzeitig lauthals immerzu das Fehlen von Fachkräften beklagen", sagte Piel.
    Fachkräfte dringend gesucht
    In Deutschland fehlen in vielen Branchen Arbeitskräfte, mit gravierenden Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung. Was sind die Gründe und was lässt sich dagegen unternehmen?30.06.2022 | 3:02 min
    Quelle: dpa

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