Die Spitzen der Regierung beraten heute über die Zukunft der Mobilität in Deutschland. Es gibt Krach in der Koalition, um Kraftstoffe und wie wir uns künftig fortbewegen werden.
Die FDP möchte einen Ausbau des Straßennetztes, die Grünen lehnen dies ab. Sie möchten nicht, dass die Autoindustrie im Mittelpunkt der Mobilitätswende stehen.
Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christuskind oder die Sternsinger, sondern auch ein Mobilitätsgipfel. Die Ziele sind meistens hochgesteckt. So hat die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einmal den Willen bekundet, bis ins Jahr 2023 zehn Millionen Elektroautos auf deutsche Straßen bringen zu wollen. Ihr Ziel wurde verfehlt. Die Anzahl an zugelassenen Elektroautos betrug am 1. Oktober 2022 rund 840.600 (Quelle Statista).
Treffen mit Vertretern der Autoindustrie
Am Dienstag traf sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Vertretern der Autoindustrie. An allgemeinen Statements mangelt es nicht auf den Mobilitätsgipfeln, an konkreten Beschlüssen allerdings schon. Es sollte um die Transformation des Verkehrs gehen. So hieß es.
Die Neuzulassungen für Autos mit Elektro-Antrieb sind letztes Jahr deutlich gestiegen. Wie sind die Aussichten für Elektro-Mobilität? Dazu Börsenexpertin Stephanie Barrett.
Merkwürdig nur, dass gar nicht alle Teilnehmer, die im Verkehr eine Rolle spielen würden, dabei waren. Hier ging es nicht um die Sanierung von Straßen oder Schienen. Es fehlten zum Beispiel die Bahn oder der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC), auch drehte sich hier zu wenig um den Öffentlichen Nahverkehr oder die Versorger. Sie alle sollten bei der Zukunft der Mobilität gehört werden.
Uneinigkeit bei Tempo und E-Fuels
Kritik ist das eine, Krach das andere. Letzterer dürfte vorprogrammiert sein innerhalb der Koalition. Während die FDP strikt gegen ein Tempolimit auf deutschen Straßen ist, à la "Freie Fahrt für freie Bürger" und, unter anderem, auch auf E-Fuels setzt, bleiben die Grünen beim Vorantreiben der reinen Elektro-Mobilität.
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Haltern von Hybrid-Fahrzeugen könnte es künftig schwerer gemacht werden und für sie auch kostspieliger werden. Auch Hersteller und Händler werden das wohl merken. Der Absatz von Hybrid-Fahrzeugen dürfte einen Dämpfer bekommen. Denn die Kaufanreize und Prämien für Alternativen zum Verbrennungsmotor werden finanziell seitens der Regierung dieses Jahr deutlich heruntergeschraubt.
Neue Strecken, mehr Züge, höhere Preise: Am Sonntag tritt der neue Fahrplan der Deutschen Bahn in Kraft. Im Fernverkehr wird es knapp fünf Prozent teurer.
Volle Auftragsbücher bei Autoherstellern
Die Autohersteller, -händler und -zulieferer dürften - zumindest verbal - auf Unterstützung seitens der Politik für das gerade angefangene Jahr hoffen. Sie soll zum nötigen Frühjahrsaufschwung in Sachen Mobilität verhelfen. Schließlich gilt es, durch die vermutlich milde Rezession der ersten beiden Quartale 2023 zu kommen.
Im 1000-Einwohner Örtchen Ascheffel teilen sich gut 15 Menschen ein E-Auto. Für vier Euro die Stunde kann man das Dörpsmobil per App reservieren. Das selbstorganisierte Projekt schafft so mehr Mobilität auf dem Land.
Die Auftragsbücher der Autohersteller sind voll, es gibt eine Entspannung bei den Lieferketten, die Verknappung und der Druck nach oben lösen sich auf. Es gibt wieder mehr Autos am Markt. Die Automobilbranche als Schlüsselindustrie der deutschen Wirtschaft dürfte also in vielen Bereichen aufatmen können - aber eben nicht in allen. Eine ganz gravierende Frage bleibt: Wie viele Stellen bleiben durch die Transformation des Verkehrs auf der Strecke?
Der Grund dafür liege auf der Hand. Analyst Pieper weiter: "E-Autos sind konstruktiv einfacher, haben viel weniger Teile. Bei einem E-Auto gibt es dann auch nicht mehr so viel Bewegliches, was repariert werden muss".
Die Autohändler könnten Kunden den Autokauf 2023 wieder mit Rabatten versüßen. Erstmals in der Post-Pandemie-Zeit dürften sie dann die Nachfrage wieder ankurbeln. Durchschnittlich müssen Autokäufer zwischen sechs und 15 Monaten auf ihren Neuwagen warten.
Das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten sind sich einig: Keine Zulassungen für Benzin- und Dieselautos ab 2035. ZDF-Korrespondent Ulf Röller berichtet aus Brüssel.
Mangel in der Umsetzung
Ab dem Herbst dieses Jahres dürfte es dann mit der Autobranche weiter bergauf gehen. Sie gilt als "Frühzykliker" in der Fachwelt, will heißen, so manches, was auf dem "Markt für Mobile" passiert, zeigt sich später auch in anderen Wirtschaftszweigen. Es mangelt nicht am Willen und an Lippenbekenntnissen auf dem heutigen Treffen. Es mangelt oftmals an der Umsetzung.
Was die E-Mobilität anbelangt, da gilt noch immer: zu schlechte Infrastruktur, zu kurze Reichweiten, zu lange Ladezeiten, zu hohe Strompreise an den Zapfsäulen. Da bleiben für Wissenschaft und Politik noch viel Nachholbedarf, bevor es wie beim Navi heißt: "Sie haben Ihr Ziel erreicht".
Sina Mainitz ist Redakteurin im ZDF-Börsenstudio