Dass Deutschland so abhängig von russischem Gas wurde, liegt auch an der BASF. Der Chemie-Riese hat enge Verflechtungen mit Gazprom - unterstützt von mehreren Bundesregierungen.
Die Milliardengeschäfte von BASF
Forderungen nach einem Embargo für russisches Gas werden immer lauter - die Bundesregierung weist sie bisher immer wieder zurück. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnte vor Massenarbeitslosigkeit und Armut, "wenn man jetzt den Schalter umlegt".
Schreckensszenarien kommen auch vom mächtigen deutschen Chemiekonzern BASF: Chef Martin Brudermüller prophezeit eine Zerstörung des Wohlstands, wenn Deutschland die russischen Erdgasimporte stoppt, um Wladimir Putins Krieg in der Ukraine nicht weiter zu finanzieren. Tatsächlich ist Deutschland abhängig von russischem Gas - und wird davon nicht so schnell wieder loskommen.
Billiges Gas für BASF, Hilfe für Gazprom
Dafür hat an vorderster Front die BASF selbst gesorgt. Der Chemiekonzern baute bereits in den 1990er-Jahren eigene Pipelines von Gazproms Gasfeldern in Sibirien bis zum Stammwerk in Ludwigshafen. Gazprom brauchte für die Gasförderung das Know-How der BASF-Gasfördertochter Wintershall und wollte mehr russisches Gas in Deutschland verkaufen. Die BASF half dem russischen Gasriesen und erhielt im Gegenzug billiges Gas für seine Chemiewerke.
Die riesigen Gasmengen aus Russland vermarkteten die BASF und Gazprom gemeinsam in Deutschland, mit großem Profit. Alle Bundesregierungen unterstützen die enge Kooperation zwischen der BASF und Gazprom - von Helmut Kohl über Gerhard Schröder bis zu Angela Merkel.
"Gazprom hat Deutschland besonders gute Gaspreise angeboten - selbst heute bekommt Deutschland russisches Gas zu einem Vorzugspreis", erklärt der französische Gasmarktexperte Thierry Bros, der die EU-Kommission beraten hat.
Warnungen vor Gas als Waffe
So wuchs die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von russischem Erdgas von Jahr zu Jahr. Die BASF erschloss mit Gazprom weitere Gasvorkommen in Sibirien, und war bei der umstrittenen Ostsee-Pipeline Nordstream 1, die 2011 eröffnet wurde, wichtigster Partner von Gazprom.
Dabei gab es Warnungen genug, dass Russland und insbesondere Präsident Wladimir Putin Erdgas als politische Waffe einsetzt. 2006 warnte das schwedische Verteidigungsministerium in einer Studie, dass im Falle einer Krise mit allem zu rechnen sei, schließlich habe Russland seine Energielieferungen gegenüber anderen Ländern immer wieder als "Schwert und Schild" genutzt.
- Gas-Unabhängigkeit bis 2024 auf der Kippe
Die Bundesregierung plant, bis 2024 unabhängig von russischem Gas zu werden. Dieser Plan dürfte scheitern. Das zeigen exklusive Informationen zu russisch-deutschen Gasverträgen.
Interne Warnungen in der Chemieindustrie seien beiseite gewischt worden, erzählt ein Insider, der anonym bleiben möchte. "Geld ist stärker als Fakten. Es hat blind gemacht“, sagt er. In den Fachkreisen der Chemieindustrie seien Warnungen vor einem russischen Lieferstopp ignoriert worden.
BASF bestreitet Strategie für Gasabhängigkeit verfolgt zu haben
Heute ist die Abhängigkeit so groß, dass die Bundesregierung einen Gas-Boykott scheut, um Putins Regime zu schwächen. Stattdessen plant Bundeswirtschaftsminister Habeck die Importe schrittweise zurückzufahren, um 2024 nahezu unabhängig von russischem Gas zu sein.
Das aber käme Deutschland nach Recherchen des ZDF-Magazins frontal teuer zu stehen, während Gazprom profitieren würde. Grund sind Langfristverträge mit sogenannten "Take or Pay"-Klauseln. Demnach muss Gazprom bis 2030 auch dann für Gas bezahlt werden, das gar nicht importiert wird.
So schnell kann sich Deutschland aus der Gasabhängigkeit von Russland also nicht befreien - das liegt auch an der BASF. Auf Nachfrage erklärt der Konzern, er selbst habe keine Gaslieferverträge mehr mit Russland, man habe auch "keine Strategie verfolgt, die Importabhängigkeit von russischem Gas zu erhöhen".