Treppensteigen kann für ältere Menschen beschwerlich werden. Helfen kann ein maßgefertigter Treppenlift. Doch was, wenn man ihn nach Vertragsabschluss doch nicht will.
Die zentrale Frage vor dem Bundesgerichtshof (BGH) war, ob man die Bestellung eines Treppenliftes widerrufen kann, wenn der Vertrag nicht in den Geschäftsräumen des Unternehmens, sondern beim Kunden zu Hause abgeschlossen wurde. Die Klägerin, die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg meint, dass in diesem Fall ein Widerruf möglich sei.
BGH sieht Widerrufsrecht
Anders sieht es der beklagte Treppenlifthersteller. Es würde sich hier um einen sogenannten Werklieferungsvertrag handeln, bei dem kein Widerrufsrecht eingeräumt werden müsse. Denn die ins Treppenhaus eingepasste Laufschiene könne nicht wiederverwendet werden. Es würde sich um passgenau produzierte Lifte handeln, um individuelle Sonderanfertigungen.
Anders sah es heute der BGH und gab der Verbraucherzentrale recht. Den Verbrauchern steht ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu, denn bei diesen Verträgen würde es sich um Werkverträge, nicht um Werklieferungsverträge handeln. Dem Kunden gehe es beim Kauf eines Treppenlifts nicht in erster Linie darum, die Einzelteile zu erhalten, meint der Senat.
Im Vordergrund stehe "der Einbau eines Treppenlifts als funktionsfähige Einheit". Der Unternehmer könne, um wirtschaftlichen Schaden zu vermeiden, die Widerrufsfrist abwarten, bevor er mit der Produktion startet.
Welche Bedeutung hat das Verfahren für Verbraucherinnen und Verbraucher?
Es herrsche jetzt Rechtsklarheit, dass auch bei der Bestellung von Kurventreppenliften, für die eine passende Laufschiene angefertigt und in das Treppenhaus des Kunden eingebaut werden muss, ein 14-tägiges Widerrufsrecht bestehe, so Niklaas Haskamp, der Pressesprecher der klagenden Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Verbraucher oft ausgenutzt
Bis heute hätten die Gerichte unterschiedlich geurteilt. Außerdem müssten die Kunden jetzt auch über ihr Widerrufsrecht informiert werden. Fehlt diese Belehrung, verlängert sich die Widerrufsfrist, beträgt dann ein Jahr und 14 Tage.
Das Widerrufsrecht sei für die Kunden wichtig, denn Verbraucherschützer erfahren immer wieder in den Beratungen, dass die Kunden bei der Bestellung eines Treppenliftes "über den Tisch gezogen oder überrumpelt wurden", so Haskamp. Gerade, wenn sich die Kunden in einer Notlage befänden, plötzlich erkrankten, würden Verbraucher ausgenutzt.
Eine bundesweite Verbraucherbefragung aus 2020 ergab, dass sich wohl viele betroffene Verbraucher über die Treppenlift-Branche ärgern: Verbraucher beklagten sich zum Beispiel über Planungsfehler beim Einbau, Sicherheitsmängel oder unzureichenden Service. Ein Treppenlift kostet immerhin rund 12.000 bis 15.000 Euro.
Was können betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher nun tun?
Zwei Fallkonstellationen für den Widerruf sind möglich:
- Der Vertragsabschluss liegt noch nicht länger als 14 Tage zurück.
- Der Vertragsabschluss liegt noch nicht länger als ein Jahr und 14 Tage zurück und der Verkäufer hat nicht korrekt über das Widerrufsrecht aufgeklärt.
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat für Betroffene einen Musterbrief auf ihre Website gestellt.
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