Eine Woche lang diskutierte die Welt im virtuellen Davos. Es gab viel Einigkeit über die Ziele - und ein überraschendes Bekenntnis aus den USA.
Wir leben in einer globalen Pandemie und so stand das Weltwirtschaftsforum (WEF) zunächst im Zeichen der Bestandsaufnahme. Der Schäden und der Strategien zur Überwindung des Corona-Virus - mit kriegerischen Anklängen. "Im Kampf gegen Covid-19 stehe ich an vorderster Front", betonte der japanische Premierminister Yoshihide Suga.
Er sei entschlossen, die Olympischen Spiele im Sommer in Tokio zu verwirklichen, "als Beweis für den menschlichen Sieg gegen die Pandemie, als Symbol globaler Solidarität und um weltweit Hoffnung und Mut zu geben".
Fünf Tage lang referierten und diskutierten Staats- und Regierungschefs, Minister und viele Größen aus Wirtschaft, Wissenschaft und der Zivilgesellschaft im virtuellen Raum des Weltwirtschaftsforums. Aber ein Jahr nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Wuhan nutzten die Politiker aus aller Welt die Bühne des WEF auch, um Bilanz zu ziehen und nach der Abwahl von Donald Trump politische Positionen zu markieren.
Internationale Organisationen stärken
Von der notwendigen Stärkung internationaler Organisationen war viel die Rede, von gemeinsamen Strategien, multilateralen Handelsbeziehungen und vom Schaden egoistischer nationaler Alleingänge. Bekannte Absichtsbekundungen.
Wie mühsam der Weg vom Bekenntnis zur konkreten Umsetzung ist, zeigen die hitzigen Diskussionen um die Verteilung des vorhandenen Impfstoffes und die damit verbundenen Schwierigkeiten. Gemeinsamkeit? Fehlanzeige. Es mangelt also nicht an neuen Zielsetzungen, so die Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihren Ausführungen, sondern an mehr "Entschlossenheit unseres Handelns". Und sie zitierte Erich Kästner: "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es". Kurz und bündig auf den Punkt gebracht.
- Merkel kritisiert Mangel an Digitalisierung
Klima, Weltwirtschaft, Corona - das sind Themen beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Bundeskanzlerin Merkel übte Kritik an mangelnder digitaler Vernetzung in Deutschland.
Corona, auch das eine Erkenntnis, hat die Probleme beschleunigt, deren Lösung die Weltgemeinschaft seit Jahren verdrängt und vor sich herschiebt. Die Herausforderungen, denen wir uns gegenübersehen, so der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa, habe nicht das Virus verursacht, sondern wir selbst. Armut und Umweltzerstörung seien Ergebnis unseres Handelns und häufig auch unseres Nichthandelns.
Es ist eine Faktenlage, die den umtriebigen Gründer des WEF, Klaus Schwab, nur beflügelt. Es ist ein seit Jahrzehnten gelebter Anspruch, sein Ziel der Weltverbesserung auf jedes relevante Thema zu richten.
Pläne für gemeinsamen Neubeginn
Die globale Pandemie bietet aus seiner Sicht die Chance für den notwendigen gemeinsamen Neubeginn. Nachhaltige und belastbare Wirtschaftssysteme, umweltfreundliches Industriewachstum, neue Bildungs- und Gesundheitssysteme und Entwicklungsstrategien zur Digitalisierung, neue Formen der Zusammenarbeit auf allen Ebenen und das ganze in einer Welt, in der Ungleichheit nicht schwindet, sondern in den letzten Monaten dramatisch verschärft wurde.
In den vielen Workshops der Woche wurden diese wuchtigen Themenblöcke konkretisiert und Best Practice Beispiele vorgestellt. Schwab ist ein Netzwerker und seit Jahrzehnten fordert er, dass Unternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung stärker wahrnehmen. Ohne eine Zusammenarbeit von Politik und Wirtschaft und ohne private Gelder können die großen Herausforderungen nicht gelöst werden.
USA bei Klima wieder mit an Bord
Das größte Problem der Menschheit aber bleibt die Klimakrise. Corona, da waren sich Politik, Wirtschaft und Finanzwelt einig, ist ein Ergebnis des Klimawandels und dem damit verbundenen, verheerenden Rückgang der Biodiversität.
Und auch die Vereinigten Staaten von Amerika sind wieder mit dabei. Mit einem Bekenntnis meldete sich der Klimabeauftragte der US-Regierung, John Kerry, zurück.
Sie hätten den Ehrgeiz zu handeln. Denn Handeln, so Kerry, sei der einzige moralische, wirtschaftliche und wissenschaftliche Imperativ, der in Betracht käme. Neue Töne. Und das ist eine gute Nachricht.
Susanne Biedenkopf ist Leiterin der ZDF-Hauptredaktion Wirtschaft, Recht, Service, Soziales und Umwelt (WIRSSUM).
- Gemeinsam für mehr Gerechtigkeit
Das virtuelle Weltwirtschaftsforum sucht Lösungen für globale Herausforderungen. Die Corona-Pandemie betrifft zwar die ganze Welt - aber nicht alle gleich schwer.