Bolivien und Deutschland hatten vor Jahren große Lithium-Pläne geschmiedet. Nun scheint die europäisch-deutsche Kooperation weiter entfernt denn je.
Ein klein wenig hat das Vorgehen der bolivianischen Regierung von einem Casting: Wer mit dem südamerikanischen Land in der Förderung und Produktion von Lithium zusammenarbeiten will, muss erst einmal zeigen, was er kann.
Carlos Ramos, Präsident des staatlichen Lithium-Unternehmens YLB, konnte vor wenigen Tagen verkünden:
Abgeliefert hatten die Testergebnisse die sechs Unternehmen Lilac Solutions (USA), Xinjiang TBEA Group Company, CATL BRUNP & CMOC, CITIC Guoan/Crig, Fusión Enertech (allesamt China) und Uranium One Group (Russland). Sie wollen im Wettrennen um die wohl größten Lithium-Vorkommen der Welt in die Pole-Position gelangen.
Auffällig ist: Ein Unternehmen aus der Europäischen Union ist nicht dabei, obwohl Europas Politik bei der Energiewende ganz auf E-Mobilität setzt. Und dafür ist Lithium nach heutigem Stand der Technik erst einmal unverzichtbar, wird der Rohstoff doch für die Herstellung von Akkus für E-Autos benötigt.
Lithium – grüner Hoffnungsträger oder gewaltiges Umweltproblem? Eine Einschätzung von Dirk Steffens.
2018: Deutsche Firma startet Joint-Venture mit Bolivien
Dabei war Deutschland eigentlich vor Jahren in einer guten Position. Im Dezember 2018 startete das deutsche Unternehmen ACISA ein vielbeachtetes Joint-Venture mit Bolivien.
Der politische Rahmen war hoch besetzt: Die damaligen Energieminister Rafael Alarcon und Außenminister Diego Pary vertraten die bolivianische Seite, aus Deutschland begleiteten der damalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut die Vertragsunterzeichnung.
Russland, China und USA stechen Deutschland wohl aus
Doch die deutsch-bolivianische Zusammenarbeit zur Lithiumgewinnung ruht.
Derzeit seien Unternehmen aus China, den USA und auch Russland in der engeren Wahl, teilt das deutsche Wirtschafts- und Klimaschutzministerium auf Anfrage von ZDFheute mit.
Und weiter: "Eine finale Entscheidung, mit wem die staatliche Lithiumgesellschaft eine Partnerschaft für den industriellen Abbau von Lithium in Bolivien eingeht, wird in den kommenden Wochen erwartet."
Wie in einer klassischen Batterie wandeln auch Lithium-Akkus chemische Energie in elektrische Energie um. Das Besondere ist, dass dieser Prozess umkehrbar und beliebig wiederholbar ist.
Ähnliches ist vom Unternehmen aus Deutschland zu hören: "Zum Stand der Dinge bei unserem Projekt können wir derzeit nur sagen, dass sich die Verhandlungen aufgrund der Situation in Bolivien weiterhin sehr schwierig gestalten", teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit.
Politische Unruhen in Bolivien
Dass die deutschen Träume mindestens auf Eis liegen, wenn nicht sogar schon politisch tot sind, liegt auch an der innenpolitischen Lage in Bolivien. Kurz nach der Unterzeichnung wurde Bolivien von politischen Unruhen erschüttert, die bis heute Auswirkungen haben.
Rund um die Unruhen 2019, als der damalige Präsident Evo Morales nach Vorwürfen des Wahlbetrugs zurücktrat und das Land verließ, gerieten die Dinge ins Rutschen. Morales, der später von einem Putschversuch gegen sich sprach, machte unter anderem internationale Interessen am Lithium-Vorkommen des Landes für die Vorkommnisse verantwortlich.
Seitdem ist das Thema politisch aufgeladen. Bolivianische Medien berichteten jüngst, Boliviens amtierender Präsident Luis Arce, ein sozialistischer Parteifreund von Morales, bevorzuge Russland als möglichen Partner. Dem widersprechen Regierungsvertreter. Es sei noch alles offen. Sicher scheint nur: Deutschland hat derzeit nur eine Zuschauerrolle.