Mehr Freiheit für die Wirtschaft - das war eines der Versprechen der Brexit-Befürworter. Bislang sieht es weniger danach aus, kritisiert ein Ausschuss in London.
Britische Parlamentarier ziehen eine kritische erste Bilanz zum Brexit. Die Hauptauswirkungen des EU-Austritts für britische Unternehmen seien "erhöhte Kosten, Papierkram und Verzögerungen an der Grenze", stellte der Rechenschaftsausschuss fest. Es sei "klar", dass der Brexit "einen Einfluss" auf den Rückgang des Handels hatte. Neue Importkontrollen, die seit Jahresbeginn greifen, könnten die Lage weiter verschlechtern.
Auch bei Privatreisen seien Verzögerungen möglich, sobald sich der Verkehr wieder normalisiere und wie geplant weitere Kontrollen in Kraft treten, warnte das Public Accounts Committee in seinem Bericht. Der Ausschuss kritisierte zudem das Regierungsvorhaben, bis 2025 die effektivsten Grenzkontrollen der Welt zu schaffen, als "optimistisch, angesichts des heutigen Stands".
Seit dem Start neuer Regeln für EU-Lebensmittelimporte im Januar fürchten viele Briten Engpässe. Großbritannien importiert fünf Mal mehr Lebensmittel aus der EU als es exportiert.
Ausschuss-Chefin: Bislang nur mehr Belastungen
"Eines der großen Versprechen des Brexit war es, britische Unternehmen zu befreien, um ihnen mehr Raum für die Maximierung ihrer Produktivität und ihres Beitrags zur Wirtschaft zu geben", sagte die Ausschussvorsitzende Meg Hillier von der oppositionellen Labour-Partei. Dieser Abbau von Handelshürden sei "jetzt auf dem langen Weg der Erholung von der Pandemie umso dringender". Bislang habe der Brexit aber nur zu mehr Belastungen geführt.
"Unserer Meinung nach muss die Regierung kurzfristig viel mehr tun, um die derzeitige Belastung für diejenigen zu verstehen und zu minimieren, die mit der EU handeln", mahnte Hillier. Die Regierung versicherte, sie unterstütze Unternehmen beim Handel mit Europa.
Verzögerungen durch neue Vorschriften
"Es ist an der Zeit, dass die Regierung ehrlich über die Probleme spricht, anstatt überzogene Versprechungen zu machen", kritisierte Hillier. Das Versprechen der Regierung von Brexit-Vorkämpfer Boris Johnson, bis 2025 "die effizienteste Grenze der Welt" zu schaffen, ist dem Bericht zufolge "optimistisch". Die Autoren seien "nicht überzeugt", dass die Versprechen "durch einen detaillierten Plan" untermauert werden.
Großbritannien ist seit 1. Januar 2021 nicht mehr Mitglied der EU-Zollunion und des Binnenmarkts. Ein kurzfristig vereinbartes Handelsabkommen sichert zwar, dass weiterhin weitgehend zollfrei mit der EU gehandelt werden kann. Neue Vorschriften sorgen aber noch immer für Verzögerungen. Seit Jahresbeginn kontrolliert Großbritannien zudem EU-Importe schärfer, auch das hemmt den Verkehrsfluss. Zuletzt kam es vor dem wichtigen Hafen Dover am Ärmelkanal zu langen Lkw-Staus.