So soll das neue Bürgergeld funktionieren

    FAQ

    Wichtige Fragen zur Sozialreform:So soll das neue Bürgergeld funktionieren

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    Der Weg zum Bürgergeld ist frei. Wenn Bundestag und Bundesrat dem ausgehandelten Kompromissvorschlag zustimmen, kann es im Januar in Kraft treten. Was bedeutet das konkret?

    Das Bürgergeld soll die Grundsicherung (Hartz IV) ablösen und ist eines der wichtigsten Vorhaben der Ampel-Koalition. Die Union hat über den Bundesrat Änderungen bei den Sanktionen, beim Schonvermögen und der Karenzzeit durchgesetzt. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:

    Bürgergeld statt Hartz IV - warum?

    Die Einführung eines Bürgergelds ist als eine der größten Sozialreformen im Koalitionsvertrag der Ampelregierung festgehalten. Es soll an die Stelle der Hartz-IV-Regelungen treten, die vor 18 Jahren in Kraft traten und vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) initiiert worden waren. Bei der Neuregelung steht das "Fördern" der Menschen stärker im Fokus als das "Fordern".

    Gibt es mehr Geld?

    Der Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen steigt zum 1. Januar 2023 um 53 Euro von 449 Euro auf 502 Euro. Künftig soll im Voraus statt im Nachhinein die Inflation bei der jährlichen Anpassung der Regelsätze berücksichtigt werden.

    Lebenspartner oder -partnerinnen sollen 451 Euro (bisher 404 Euro) bekommen, Kinder im Alter von 14 bis 17 Jahren 420 Euro (bisher 376 Euro). Für Sechs- bis 13-Jährige steigt der Satz auf 348 Euro (bisher 311 Euro) und für Kleinkinder bis fünf Jahre auf 318 Euro (bisher 285 Euro).

    Ab wann soll das Bürgergeld ausgezahlt werden?

    Geplant ist, dass das entsprechende Gesetz zum Bürgergeld zum 1. Januar in Kraft tritt und dann schrittweise umgesetzt wird. An diesem Freitag stimmen Bundestag und Bundesrat voraussichtlich über den Gesetzentwurf ab.

    Wen betrifft das Bürgergeld?

    Die Reform betrifft knapp fünf Millionen Leistungsbeziehende sowie 405 Jobcenter mit fast 75.000 Beschäftigten. Das Bürgergeld ist eine Leistung der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Es soll sicherstellen, dass der Lebensbedarf gewährleistet werden kann.

    Wer bisher Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld hatte, wird auch künftig Anspruch auf das Bürgergeld haben. Neue Anträge müssen demnach nicht gestellt werden.

    Werden die Ersparnisse angegriffen?

    Die Karenzzeit, in der Ersparnisse bis zu 40.000 Euro nicht angetastet werden, liegt jetzt bei einem Jahr, ursprünglich waren zwei Jahre vorgesehen. Für jedes weitere Haushaltsmitglied kommen 15.000 Euro hinzu. Bürgergeld-Beziehende können in diesem ersten Jahr in ihrer Wohnung bleiben, auch wenn sie eigentlich zu groß ist. Angemessene Heizkosten werden übernommen.

    Künftig bleiben Ersparnisse bis zu 15.000 Euro pro Person geschützt, bisher sind es 150 Euro pro Lebensjahr - bei einer 40-jährigen Person beispielsweise also 6.000 Euro. Die Regeln, die derzeit noch wegen der Corona-Pandemie gelten, sind großzügiger, die alten Hartz-IV-Regeln waren strenger.

    Muss jeder Job angenommen werden?

    Leistungsbezieher müssen künftig nicht mehr jeden Job annehmen, sofern eine Aus- oder Weiterbildung bessere Chancen verspricht. Es gibt ein monatliches Weiterbildungsgeld von 150 Euro und Prämien für Abschlüsse. Berufsausbildungen werden bis zu drei Jahre lang gefördert.

    Die bisher bis 2024 befristete mehrjährige Förderung von Langzeitarbeitslosen bei einer Arbeitsaufnahme ("Sozialer Arbeitsmarkt") wird entfristet.

    Soll es Sanktionen geben?

    Die Vertrauenszeit aus dem Ampel-Gesetzentwurf kommt nicht: Die Union hat durchgesetzt, dass von Anfang an Sanktionen verhängt werden können. Eine Leistungskürzung von zehn Prozent für einen Monat beim ersten Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten, 20 Prozent für zwei Monate beim zweiten Mal und 30 Prozent für drei Monate beim dritten Mal. Wohnkosten müssen weiterhin bezahlt werden.
    Die bereits in der Corona-Pandemie ausgesetzten schärferen Sanktionen für Unter-25-Jährige werden endgültig abgeschafft. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2019 Kürzungen von mehr als 30 Prozent für unzulässig erklärt. Ursprünglich sollte es eine Vertrauenszeit von sechs Monaten geben, in der keine Sanktionen verhängt werden, falls Betroffene Vorgaben nicht einhalten. Diese Zeit fällt mit dem neuen Entwurf weg.

    Ist ein Hinzuverdienst erlaubt?

    Wer oberhalb der Minijob-Grenze (520 Euro) bis zu 1.000 Euro hinzuverdient, kann 30 statt 20 Prozent der Einkünfte behalten. Schüler und Studierende können künftig den Lohn aus einem Minijob behalten, statt bisher weniger als 200 Euro.
    Auszubildenden bleiben von der Ausbildungsvergütung künftig mehr als 600 Euro. Wer ein Ehrenamt hat, behält mehr von der Aufwandsentschädigung.

    Das Bürgergeld legt einen größeren Schwerpunkt auf Weiterbildung. Schülerinnen und Schüler dürfen in den Ferien unbegrenzt dazuverdienen. Auszubildende, die in einem bedürftigen Haushalt leben, dürfen mehr von ihrem Verdienst behalten. Auch das ehrenamtliche Engagement wird besser gefördert.

    Wird die Rente angegriffen?

    Bisher konnten Jobcenter für Hartz-IV-Bezieherinnen und -Bezieher, wenn sie 63 Jahre alt wurden, einen Rentenantrag stellen - was hohe Abschläge zur Folge hat. Diese "Zwangsverrentung" soll - zunächst befristet bis Ende 2026 - nicht mehr möglich sein. Künftig ist eine private Altersvorsorge von Selbstständigen geschützt, unabhängig von der Anlageform. Bisher sind Riester- und Rürup-Renten geschützt, sowie Betriebsrenten und Lebensversicherungen, die bis zum Rentenalter laufen.

    Welche Kritik gibt es an der Regelung?

    Kritik kommt vor allem von Wohlfahrtsverbänden. Sie begrüßen die Einführung zwar generell, bemängeln aber die vorgenommenen Änderungen, vor allem den Wegfall der Vertrauenszeit. Zudem sprechen sich Verbände wie der Sozialverband VdK für eine stärkere Erhöhung der Regelsätze aus.
    Quelle: KNA, epd

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