Wie weiter in der Führungskrise der Commerzbank? Heute berät das angeschlagene Institut über gleich zwei Spitzenpositionen. Der künftige Vorstand steht vor harten Entscheidungen.
Wird es eine Woche der Entscheidung bei der Commerzbank? Der Aufsichtsrat nimmt heute einen weiteren Anlauf, die Führungskrise bei dem teilverstaatlichten Frankfurter Institut zu beenden.
Commerzbank sucht neue Doppelspitze
Gesucht wird sowohl ein neuer Vorsitzender für das Kontrollgremium als auch ein neuer Konzernchef. Fest steht: Für den amtierenden Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann ist es die letzte Sitzung in dieser Funktion.
Als Favorit für die Nachfolge des scheidenden Aufsichtsratschefs Stefan Schmittmann gilt Hans-Jörg Vetter, ehemaliger Chef der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Ob es Vetter gelingt, im ersten Wahlgang die nötige Zweidrittelmehrheit zu erreichen, ist nicht sicher. Im zweiten Wahlgang würde die einfache Mehrheit ausreichen.
Auch die Commerzbank als Geldgeber für den Mittelstand würde vom Untergang mittelständischer Unternehmen getroffen werden. Ihre aktuellen Zahlen sind nicht gerade beruhigend.
Zielke gibt die Geschäfte an Nachfolger ab
Schmittmann hatte vor vier Wochen seinen Rücktritt zum dritten August angekündigt. Der Vertrag mit Konzernchef Zielke wird spätestens zum 31. Dezember 2020 vorzeitig aufgelöst. Bis zur Berufung eines Nachfolgers führt Zielke die Geschäfte weiter.
Der Doppelrücktritt traf die Commerzbank mitten in der Debatte über den künftigen Kurs. Daher ist ungewiss, ob das Management wie geplant mit Vorlage der Halbjahreszahlen die Strategie für die nächsten Jahre veröffentlichen wird.
Verhandlungen über Strategie des Konzerns
Investoren und Aufsichtsräte pochen auf einen geordneten Prozess: Erst ein neuer Aufsichtsratschef, dann die Neubesetzung der Vorstandsspitze, anschließend die Festlegung der Strategie.
Nach dem jüngsten Zusammentreffen des Kontrollgremiums hieß es aus dem Aufsichtsrat:
In der knapp zehnstündigen Sondersitzung Anfang Juli war vor allem eines deutlich geworden: Schnell ist die Führungskrise nicht zu lösen.
Corona-Krise bedroht Gewinnziel
Zu allem Überfluss verdarb die Krise in Folge des Coronavirus der Commerzbank dann auch noch den Start ins Jahr 2020 und lässt das Gewinnziel für das Gesamtjahr wackeln.
Analysten rechnen sowohl in diesem Jahr als auch 2021 unter dem Strich mit einem Verlust. Für das zweite Quartal erwarten die Experten immerhin einen kleinen Gewinn.
Im vergangenen September hatte der Vorstand angekündigt, konzernweit 4.300 Vollzeitstellen zu streichen, zugleich aber in strategischen Bereichen wie Vertrieb, IT und Regulatorik 2.000 Jobs zu schaffen. Somit ergab sich unter dem Strich ein Abbau von etwa 2.300 Stellen.
Jeder fünfte Standort in Deutschland wackelt
Zudem beschloss das Management im Herbst, etwa 200 Filialen und damit jeden fünften Standort in Deutschland zu schließen. Zuletzt lagen dem Vernehmen nach Pläne zu einer drastischen Verschärfung dieses Sparkurses auf dem Tisch.
Die Zahl der zuletzt knapp 40.000 Vollzeitstellen könnte demnach um bis zu ein Viertel gekappt werden. Das Filialnetz soll erheblich verkleinert werden: Von ursprünglich 1.000 Standorten könnten gerade einmal 200 übrig bleiben, in denen Kunden sich beraten lassen können.
Wer immer Zielke beerbt, muss harte Einschnitte durchsetzen. Als aussichtsreiche interne Kandidaten für den CEO-Posten gelten Finanzvorständin Bettina Orlopp sowie Firmenkundenvorstand Roland Boekhout, ehemals Chef der Direktbank ING-Diba (heute ING Deutschland).