Einzelhandel, Reiseverband und Handwerk haben auf die Beschlüsse zur Corona-Pandemie reagiert. Vor allem aus den Bereichen, die keine Lockerungen erfahren, kommt viel Kritik.
Nach stundenlangen Beratungen haben sich Bund und Länder auf neue Corona-Maßnahmen geeinigt. Der Shutdown wird bis zum 28. März verlängert, gleichzeitig soll es Lockerungen geben.
Die Reaktionen auf die Beschlüsse von Bund und Ländern in der Corona-Pandemie sind sehr unterschiedlich. Vor allem aus den Bereichen, die keine Lockerungen erfahren kommt viel Kritik. Dem Handwerk gehen die vereinbarten Lockerungspläne aber nicht weit genug, die Touristikbranche kritisierte den weiteren Lockdown als inakzeptabel, der Handelsverband HDE sprach gar von einer "Katastrophe" für den Einzelhandel.
Vorschläge retten den Handel nicht
Faktisch werde der Shutdown für die große Mehrheit der Nicht-Lebensmittelhändler bis Ende März verlängert und es drohten weitere zehn Milliarden Euro Umsatzverluste, warnte Handelsverband Deutschland-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.
Die für eine Öffnung der Geschäfte vorgeschriebene stabile Inzidenz von 50 sei "nicht flächendeckend in Sichtweite" und Konzepte zum Abholen vorher bestellter Ware könnten die Händler "nicht einmal annähernd retten", beklagte der HDE.
Auch Einkaufen mit Termin sei für die allermeisten Geschäfte kein Rettungsanker, denn dabei überstiegen in der Regel die Kosten die Umsätze. Statt sich an Branchen wie dem Handel "abzuarbeiten" und sich "stur ausschließlich an Inzidenzwerten" zu orientieren, müsse sich die Politik auf die Infektionsgefahr konzentrieren. Und diese sei beim Einkaufen unter Beachtung von Hygienemaßnahmen niedrig. Eine "zeitnahe und komplette Öffnung aller Geschäfte" sei möglich.
Die Verlängerung des Lockdowns bis zum 28. März koste die geschlossenen Handelsunternehmen rund zehn Milliarden Euro Umsatz. Gleichzeitig kämen staatliche Hilfszahlungen nur spärlich an, sagte Genth.
- "Große Schritte" und "Lockerungswirrwarr"
Die gefassten Beschlüsse zum Corona-Lockdown haben in der Politik gemischte Reaktionen hervorgerufen. Einigkeit gibt es beim Ruf nach mehr Tests.
Auch Reiseverband und Handwerk enttäuscht
Die Lockerungspläne gehen auch dem Zentralverband des Deutschen Handwerks nicht weit genug. Um ein Betriebesterben "auf breiter Front" zu verhindern, müsse wirtschaftliches Leben schnellstens wieder ermöglicht werden, sofern dies epidemiologisch vertretbar ist, sagte Präsident Hans Peter Wollseifer.
Bei dem Treffen sei "deutlich mehr drin gewesen". Auch Wollseifer kritisierte die "Fixiertheit allein auf Inzidenzwerte", die fehlende Berücksichtigung der Hygienekonzepte in den Betrieben und das schleppende Impftempo.
Der Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV), Norbert Fiebig, forderte die Politik auf, ihre Appelle zum Reiseverzicht zu beenden. Insbesondere die Quarantäne bei der Rückkehr nach Deutschland schrecke Urlaubsfreudige ab, sagte Fiebig.
Er forderte eine Beschleunigung der Impfungen und eine intelligente Teststrategie. "Es ist inakzeptabel, dass wir aufgrund des Fehlens von Tests und des viel zu langsamen Impfprozesses gezwungen werden, weitere Monate im Lockdown zu verharren", sagte Fiebig den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
DEHOGA fordert mehr Tempo beim Impfen und Testen
Auch die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA), Ingrid Hartges, zeigte sich ernüchtert. "Die Beschlüsse stellen eine Enttäuschung dar, insbesondere weil keine konkrete Öffnungsperspektive für die Restaurants und Hotels beschlossen wurde", sagte Hartges SWR Aktuell.
Bundesregierung und alle Verantwortlichen müssten ihre Hausaufgaben machen, etwa mit mehr Tempo beim Impfen und einer klugen Schnelltest-Strategie. Und bei allen Unternehmen müssten die November- und Dezemberhilfen ankommen.
"Das ist leider noch nicht der Fall."
Chemische Industrie zufrieden
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) begrüßte hingegen die "Neujustierung der Pandemiepolitik". Ein "strategischer Ansatz" sei nun "endlich" erkennbar.
Die chemisch-pharmazeutische Industrie arbeite mit Hochdruck daran, die Impfstoffproduktion hochzufahren und neue Vakzine zu entwickeln. "Wenn in Kürze große Mengen an Impfstoff zur Verfügung stehen, bieten die Werksärzte in den Unternehmen ihre Hilfe an, um die Beschäftigten rasch zu impfen", fügte der Verband hinzu.