Arbeitgeber müssen künftig begründen, warum sie Mitarbeiter nicht ins Homeoffice lassen. Welche Rechte haben Arbeitnehmer, welche Pflichten Arbeitgeber laut Homeoffice-Verordnung?
Seit Monaten wird von Arbeitgebern ein konsequenterer Einsatz von Homeoffice gefordert, um das Infektionsrisiko mit dem Coronavirus zu senken. Nach vergeblichen Appellen geht Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) jetzt einen neuen Weg: Eine Homeoffice-Pflicht light per Corona-Arbeitsschutzverordnung.
Ein Vorteil: So darf Heils Ministerium in ganz Deutschland geltende Regeln aufstellen, ohne dass die einzelnen Bundesländer beteiligt werden müssen. Die am Mittwoch im Kabinett gebilligte Verordnung soll am 27. Januar in Kraft treten und vorerst bis zum 15. März gelten.
Welche Tätigkeiten umfasst die neue Regelung?
Die neuen Regelungen zum Homeoffice beziehen sich ausdrücklich nur auf "Büroarbeiten und vergleichbare Tätigkeiten". Arbeitsorte wie das Fließband oder die Supermarkt-Kasse bleiben ausgenommen.
Künftig wird es also vor allem um die Frage gehen, was genau diese zwingenden betrieblichen Gründe umfassen.
- Was bedeuten die Beschlüsse juristisch?
Die Beschlüsse des jüngsten Corona-Gipfels überraschen nicht: Viele Maßnahmen werden verlängert. Die Maskenpflicht wird verschärft. Eine juristische Einschätzung.
Was ist ein zwingender betrieblicher Grund?
Für Professor Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht, sollen Arbeitgeber durch diese neue Regelung in Argumentationszwang versetzt werden. "Was genau aber ein zwingender betrieblicher Grund ist, ist schwammig und muss im Zweifelsfall von Arbeitsgerichten geklärt werden", sagt er ZDFheute.
Dass manche Arbeitnehmer schon die kompliziertere Kommunikation unter Kollegen als Grund gegen das Homeoffice anführen, wird künftig nicht mehr ausreichen: "Der Grund muss für den jeweiligen Arbeitsplatz spezifisch sein", erklärt Fuhlrott.
Also etwa: Betriebliche Software, die nicht auf Privatrechnern installiert werden kann, ja. Persönliche Vorlieben des Chefs, der seine Mitarbeiter gerne direkt kontrollieren möchte, nein.
Wie sollten Arbeitnehmer die neue Homeoffice-Regelung ansprechen?
Kommunikation ist zentral. "Der Arbeitnehmer sollte sich mit seinen Vorgesetzten abstimmen und auch nach den Gründen der Verweigerung erkundigen", rät Jurist Fuhlrott. Betriebsräte, wenn vorhanden, sollten laut Betriebsverfassungsgesetz in diesen Prozess einbezogen werden.
Schutzvorgaben und Homeoffice per Gericht zu erstreiten, sieht die Verordnung nicht vor. "Ein subjektives Klagerecht von Beschäftigten ist, wie im Arbeitsschutzrecht üblich, damit nicht verbunden", heißt es darin. Stattdessen sollten sich Betroffene an die zuständigen Aufsichtsbehörden wenden.
Dieser Schritt sollte jedoch erst nach Aussprache mit dem Arbeitgeber erfolgen: "Der Arbeitnehmer ist aufgrund seiner Nebenpflicht grundsätzlich angehalten, zunächst einen innerbetrieblichen Klärungsversuch vorzunehmen, bevor er sich an Behörden oder andere Dritte wendet", sagt Fuhlrott.
Wie werden die Kontrollen ablaufen?
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte am Mittwoch Homeoffice-Kontrollen in den Betrieben an: "Mir geht es jetzt nicht darum, Unternehmen zu quälen oder ständig zu kontrollieren", sagte Heil in Berlin. Jeder müsse sich in diesem Land an Recht und Gesetz halten.
Fuhlrott unterdessen beschreibt die Optionen der Aufsichtsbehörden so:
Die Ämter können Bußgelder verhängen oder sogar den Betrieb schließen, wenn gegen Auflagen verstoßen wird. Da diese Behörden auf Länderebene angesiedelt sind, unterscheiden sich die Regelungen teils von Bundesland zu Bundesland.
Zu große Erwartungen an diese Kontrollen sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber nicht haben:
Deshalb gehe Fuhlrott unabhängig von Ankündigungen aus der Politik nun auch nicht von engmaschigen, anlasslosen Kontrollen aus.
Ist einfach daheim zu bleiben eine kluge Option?
Wer sich im Betrieb oder Büro nicht sicher fühlt und darum ohne Absprache von daheim aus arbeitet, spielt auf Risiko. "Ein Arbeitgeber kann dies als Arbeitsverweigerung ansehen und eine Kündigung aussprechen. Vor einem Arbeitsgericht müsste der Arbeitgeber dann darlegen, dass es zwingende betriebliche Gründe gab, die eine Tätigkeit vor Ort erforderten."
Was ein zwingender betrieblicher Grund ist, kann je nach Branche sehr unterschiedlich sein. Frühere Urteile könnten darum auch nicht einfach von Betrieb zu Betrieb übertragen werden, so Fuhlrott. "Wer einfach daheim bleibt, trägt das Risiko einer Fehleinschätzung."
- Corona-Mutation: Was sie so gefährlich macht
Die Corona-Pandemie hat bei uns eine neue Phase erreicht. Ein Rechenbeispiel zeigt, warum die Verbreitung von Mutationen jetzt so gefährlich ist.