Durch das Coronavirus droht ausgerechnet die Herzkammer der italienischen Industrie, die Lombardei, länger auszufallen. Für die Wirtschaft des Landes hätte das unabsehbare Folgen.
Wenn man an Produkte aus Italien denkt, kommen einem sofort Olivenöl, Wein oder der berühmte Käse aus Parma in den Sinn. Aber Italien bedeutet für die deutsche Wirtschaft weit mehr als nur Konsumgüter oder Mode.
Denn Italien ist inzwischen der fünftwichtigste Handelspartner Deutschlands. Umgekehrt ist Deutschland für Italien sogar der bedeutendste. Eine enorm wichtige Rolle spielt dabei die Lombardei mit ihrer Hauptstadt Mailand.
Mailand ist der deutsche Umsatz-Hotspot
Hier nämlich haben ungefähr 1.000 deutsche Unternehmen ihre Niederlassungen. Die Hälfte ihres Umsatzes in Italien erwirtschaften deutsche Firmen allein in dieser Region. Nach Angaben der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) ist das Handelsvolumen mit der Provinz fast so groß wie unser Handelsvolumen mit Japan.
Alle großen deutschen Unternehmen sind in der Lombardei vertreten. Von Volkswagen über Siemens bis hin zu Bosch. Bei der Aufzählung dieser Namen, verwundert es nicht, dass aus Italien besonders viele Bauteile für Kraftfahrzeuge kommen.
Auch bei den chemischen Erzeugnissen oder beim Maschinenbau ist gerade Norditalien besonders stark. Zudem werden am Stiefel die meisten Pharmaprodukte in der EU hergestellt.
Die Lombardei ist eine Säule von Italiens Wirtschaft
Welche Wirtschaftskraft im Norden des Landes steckt, ist auch daran abzulesen, dass sich der Anteil der Lombardei am italienischen Bruttoinlandsprodukt des Jahres 2017 auf 381 Milliarden Euro belief. Gemeinsam mit Venetien, der zweiten stark vom Coronavirus betroffenen Region, war es fast ein Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes.
Eine ökonomische Stärke, die unter Umständen bald zu einer Schwäche werden könnte. Gerade die hohe Konzentration großer Unternehmen auf ein Gebiet könnte bei längerer Belastung durch das Virus - ähnlich wie in China - zu Produktionsausfällen und Einschränkungen beim Handel führen. Diese würden dann nicht nur ganz Italien betreffen, sondern auch wichtige Handelspartner wie Deutschland.
Beim Tourismus sind erste Vorzeichen zu sehen
Noch ist es nicht so weit. Aber aktuell sichtbar werden die wirtschaftlichen Auswirkungen bereits in der Gastronomie, wo Lokale ab 18 Uhr geschlossen bleiben müssen, und natürlich im Tourismus. Denn nicht nur der Karneval in Venedig wurde abgesagt. Auch die meisten kulturellen Einrichtungen, wie der Mailänder Dom oder die Scala, bleiben geschlossen.
Laut Zahlen der Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing (GTAI) ist der Tourismus für mindestens sechs Prozent der italienischen Wirtschaftsleistung verantwortlich. Vor allem für diese Branche wäre es ein harter Schlag, sollte das Coronavirus nicht gestoppt werden.
Hunderttausende Arbeitsplätze wären in Gefahr, denn dann würde es Stornierungen sicher nur so hageln - und viele davon kämen aus Deutschland.
Klaus Weber ist Redakteur im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.