Bis zu 7,3 Millionen Menschen waren wegen Corona zuletzt in Kurzarbeit. Was macht es mit Betroffenen, monatelang nicht arbeiten zu können? Was sind die finanziellen Folgen?
Wie die Corona-Pandemie den Job verändert
Als sie Mitte März wegen der Corona-Pandemie nach Hause geschickt wird, hat Corina Golly ein mulmiges Gefühl: "Die Chefin hat gesagt, dass sie uns in Kurzarbeit schicken muss - auf unbestimmte Zeit", erzählt die Zahnarztangestellte. Daraufhin kann Golly wochenlang gar nicht oder nur sehr wenig arbeiten.
In all dieser Zeit bekommt sie nur 67 Prozent des Lohnverlustes ersetzt. Da ihr Mann parallel seinen Job verloren und eine Umschulung begonnen hat, fehlen dem Paar und den drei Kindern anfangs 800 Euro pro Monat.
Kurzarbeit hat hunderttausende Jobs gerettet
Gut 6,8 Millionen Menschen waren im April in Kurzarbeit, im Mai sogar 7,3 Millionen. Fast fünf Mal so viele wie während der Finanzkrise 2009. Studien wie die des Leibnitz-Instituts für Finanzmarktforschung zeigen: Menschen in Kurzarbeit hatten nicht nur Einbußen, sondern auch die größten Ängste um ihren Job. Dabei hat die Maßnahme wohl hunderttausende Jobs gerettet, meint Arbeitsmarktforscher Enzo Weber:
Doch: viele Menschen, die auch vorher schon wenig verdient haben, kann die Kurzarbeit in Bedrängnis bringen. Wie etwa Annica Brauckhoff: Sie arbeitet bei den Harzer Schmalspurbahnen, einer Touristenbahn, die auf den Brocken fährt. Dort verdient die 20-Jährige sonst rund 1.400 Euro netto - als sie Mitte März in Kurzarbeit muss, sind es nur noch 850 Euro. Sie sagt:
Den Gebrauchtwagen, den sie sich eigentlich im Frühjahr kaufen wollte, kann sie sich erst recht abschminken. Und selbst den Kauf eines neuen Helms, den sie zum Radfahren dringend bräuchte, wägt sie jetzt drei Mal ab.
Das Kurzarbeitergeld hinterlässt deutliche Spuren
Gerade solchen Personen wollte die Politik helfen - und hat eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes verfügt. Doch Annica Brauckhoff kann davon nicht profitieren: Denn erst nach drei Monaten mit mindestens 50 Prozent Kurzarbeit kann sie mehr Geld bekommen. Als sie Mitte Juni diese drei Monate voll hat, arbeitet sie aber gerade wieder zu 70 Prozent - und fällt durchs Raster.
Anfang Juli können sowohl Brauckhoff von der Touristenbahn, als auch die Zahnarztangestellte Golly wieder teilweise arbeiten, doch sie bleiben weiter in Kurzarbeit. Und die hat schon jetzt Spuren hinterlassen.
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Golly hat fast zwei Gehälter verloren, das Geld hat nur gereicht, weil die Familie coronabedingt ohnehin kaum etwas unternehmen konnte und viel zu Hause war. Bei Brauckhoff sind mehr als 1.500 Euro weg. "Das Loch kann ich wohl nur langsam stopfen", sagt sie. Denn mit knapp über 1.000 Euro verdient sie noch immer weniger als vor der Krise.
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Bisher noch keine Auswirkungen auf die Rente
Golly fragt sich, ob das auch Folgen für ihre Rente hat. "Für Renteneinbußen ist die Kurzarbeitsphase bisher wohl noch zu kurz", sagt Experte Enzo Weber.
Doch indirekt könnten Beschäftigte die Krise durchaus auch in der Rente noch spüren: "Die Lohnerhöhungen, die wir vor der Krise regelmäßig hatten, und die es ohne die Krise gegeben hätte, die fallen jetzt erstmal weg - das heißt: Da haben Beschäftigte einen deutlichen Dämpfer in der Einkommensentwicklung zu erwarten", so Weber. Das könnte sich dann auch auf die Altersvorsorge auswirken.
In einem sind sich Betroffene wie Annica Brauckhoff und Corina Golly schon jetzt einig: Es darf bloß keine zweite Welle kommen. Sonst fallen die Schäden wohl härter aus.
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