Messebauer waren die Ersten, die der Lockdown getroffen hat. Und sie werden wohl mit die Letzten sein, die wieder hochfahren. Geschäftsführer einer Firma schildern ihre Situation.
Wenn man Annette Zöller auf die Zukunft anspricht, ringt sie um Fassung. Seit 25 Jahren führt sie zusammen mit Kay Kammerahl erfolgreich ihr Messebaustudio "Akzent" nahe München. Ob die Firma nun die Corona-Krise übersteht, weiß sie nicht.
Zuerst kam die Schockstarre
"Seit Ende Februar wurde eine Messe nach der anderen abgesagt. Kein Telefon, keine Email mehr", erinnert sich Kammerahl. Nach kurzer Schockstarre sind die beiden Geschäftsführer aktiv geworden, bieten Corona-Schutzwände für Praxen und Schulen an oder bauen Terrassen für Privatleute.
Finanziell sei das Ganze nur ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein. Fünf Angestellte und 50 Freiberufler wie Schreiner und Monteure gehören zum Team des Messestudios. Zöller und Kammerahl haben versucht, die Fixkosten herunterzufahren, beantragten Kurzarbeit.
Messebauer als eine der Verlierer der Krise
Die Messebauer gehören zu den großen Verlierern der Krise, erklärt Prof. Gunther Friedl von der Technischen Universität München. Das Problem sei, dass sie nichts mehr nachholen können. Das Geschäft, das sie in diesem Jahr nicht machen, das sei einfach weg. Andere Branchen wie etwa IT oder Anbieter von Videokonferenzen konnten hingegen von der Krise sogar profitieren, erklärt Friedl.
Peter Probst ist seit zehn Jahren beim Messestudio von Zöller und Kammerahl. Jetzt arbeitet er kurz. "Man überlegt, wie die Zukunft aussieht, ob der Job sicher ist, die Firma überlebt."
9.000 Euro Soforthilfe hat das kleine Unternehmen vom Staat bekommen. Ein Darlehen wollen die Geschäftsführer im Moment nicht beantragen. "Was hilft ein Darlehen, das ich nicht bezahlen kann", sagt Kammerahl.
Lockerungen als Lichtblick?
Obwohl ab September erste Messen möglich sein sollen, bleibt Kay Kammerahl skeptisch. Einige der Kunden hätten bereits alles bis zum nächsten Frühjahr abgesagt, weil ihnen die Unwägbarkeiten zu groß seien.
Auch Prof. Friedl vom der TU München sieht dem Herbst mit Sorge entgegen, vor allem für den Fall einer zweiten Infektionswelle. Und: "Zum ersten Oktober endet die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und da werden wir eine erhebliche Anzahl an Unternehmenspleiten sehen", so Friedl. Er rechnet damit, dass in der zweiten Jahreshälfte die Arbeitslosigkeit deutlich stärker als im Moment steigen wird.
Zöller und Kay Kammerahl hatten bislang immer neue Ideen und Pläne. Doch mit jeder Woche wird es schwerer. Die Liquidität schmilzt, die Zuversicht auch. Man dürfe den richtigen Zeitpunkt nicht verpassen, die Reißleine zu ziehen, überlegt Kammerahl.
Noch aber sind sie nicht bereit, aufzugeben - wegen der Mitarbeiter. Und weil ihr ganzes Herzblut in der Firma steckt.
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