Den Autohersteller Daimler gibt es jetzt zweimal an der Börse: Einmal für Pkw und einmal für Lkw. Die Aktienkurse beider Unternehmensteile sollen von dem Trick profitieren.
Eigentlich passten sie ja nie richtig zusammen. Auf der einen Seite die "schnieken" Mercedes-Limousinen und auf der anderen Seite die Vans und Lastwagen für hart arbeitende Trucker. Deshalb ist das, was nun passiert, wohl auch einfach nur folgerichtig. Ab sofort sind beide Sparten - nach 40 Jahren (Zwangs-)Ehe - wieder solo unterwegs. Aus der Daimler AG werden künftig Mercedes-Benz und Daimler Truck - und das wird gefeiert.
Bereit für die Unabhängigkeit
Eine festlich geschmückte Börse. Anwesende Vorstände. Großes Medienaufkommen. Und das in Corona-Zeiten. Hier soll demonstriert werden, dass etwas Großes entsteht. Der Optimismus kennt deshalb keine Grenzen. Ola Källenius, Chef der bisherigen Daimler AG, will aus "einer Erfolgsgeschichte zwei machen".
Daimler Truck-Chef Martin Daum erwartet durch den Schritt eine höhere Profitabilität und gibt zu Protokoll, dass man "bereit sei für die Unabhängigkeit". Dabei ist der Schritt auch ein kleiner Trick des ehemaligen Daimler-Konzerns und kommt nicht so ganz aus sich selbst heraus.
Konglomerate laufen nicht gut an der Börse
An der Börse gibt es nämlich seit einigen Jahren eine Mode. Man mag dort lieber einzelne, schick herausgeputzte Unternehmensteile, als große, schwerfällige Industrie-Tanker. Angeblich wegen der besseren Sichtbarkeit der Marken und der leichteren Bewertung eines solchen Unternehmens. Wer diese Vorgabe nicht erfüllt, wird bestraft mit dem sogenannten Konglomeratsabschlag.
Sprich: Die Aktien dieser Industrietanker werden schlechter bewertet, weil sie eben angeblich undurchschaubare Riesenbetriebe sind. Um dieser Mode zur entsprechen, bedient sich Daimler nun des Tricks der Aufspaltung. Und hofft für beide Konzerne nun auch bessere Börsenbewertungen.
Siemens oder Bayer haben es vor einiger Zeit erfolgreich vorgemacht. Alle abgespaltenen Unternehmen, wie etwa Siemens Healthineers oder Covestro haben eine erfolgreiche Börsenentwicklung genommen, sind inzwischen auch im Dax. Einen Weg, den Daimler Truck auch gerne gehen will.
Große Herausforderungen stehen vor Daimler
Ob es für das Daimler-Spin-Off auch so kommt ist indes nicht sicher. Denn sowohl Mercedes-Benz als auch Daimler Truck stehen vor den größten Herausforderungen mit denen die Automobilindustrie je zu kämpfen hatte. Die Transformation hin zu klimafreundlichen Fahrzeugen gilt für die Nutzfahrzeuge fast noch mehr als für den Pkw-Bereich.
Dabei braucht es laut den Verantwortlichen neben Batterie-Fahrzeugen für kürzere Strecken auch Brennstoffzellen-Antriebe für die Langstrecke. Rieseninvestitionen stehen da ins Haus. Auch für den, nach eigener Aussage weltgrößten Lkw-Hersteller mit seinen 100.000 Mitarbeitern nicht leicht zu stemmen.
Zudem ist längst nicht ausgemacht, ob die Börse auch in Zukunft noch auf schlanke, eigenständige Unternehmen steht. Denn Mode ändert sich ja bekanntlich und vielleicht bricht in zehn Jahren wieder ein Zeitalter der Gemischtwarenkonzerne an. Alles schon mal da gewesen. Und dann steht man in der Tat alleine da, ohne einen großen Industrietanker im Hintergrund, der einem auch finanziell Deckung geben kann. Fazit: Ehe geschieden - Bewährung läuft.
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