Midterms: "Lahme Ente" könnte deutscher Wirtschaft schaden

    Midterm-Folgen für Deutschland:"Lahme Ente" könnte Wirtschaft schaden

    von Mischa Ehrhardt
    |

    In den USA sieht es nach den Wahlen so aus, dass der Spielraum für Präsident Joe Biden kleiner werden wird. Das könnte sich auch auf die Wirtschaft hierzulande auswirken.

    Rheinland-Pfalz, Mainz: Container werden an einem Container Terminal des Hafens bewegt. (Archivbild)
    Der Verlust der Mehrheit der Demokraten im US-Kongress könnte der deutschen Wirtschaft schaden.
    Quelle: dpa

    Eine "lahme Ente" könnte aus dem US-Präsidenten Joe Biden werden. So nennen die Amerikaner einen möglichen Zustand, bei dem der Amtsinhaber bei den Midterm-Wahlen seine Mehrheit im Kongress, also dem Senat oder dem Repräsentantenhaus, verliert. Derzeit herrscht Gleichstand zwischen Demokraten und Republikanern.

    "Für die deutsche Wirtschaft nichts Gutes"

    In diesem Fall dürften die kommenden zwei Jahre von Blockaden und parteipolitischen Kämpfen dominiert sein. Dann dürfte es für Joe Biden schwerer sein, noch größere Gesetzesinitiativen durchsetzen. Außerdem könnten die Republikaner dann auch parlamentarische Untersuchungen und Amtsenthebungsverfahren in Gang setzen.

    In Zeiten, in denen sich die US-Wirtschaft Richtung Rezession bewegt, verspricht das auch für die deutsche Wirtschaft wenig Gutes.

    Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING

    Denn dann dürfte es für die Biden-Administration schwer werden, stimulierende Konjunkturpakete aufzusetzen. "Da in den letzten Jahren die boomende US-Wirtschaft eine der wenigen Stützen der deutschen Exporteure war, ist der Ausgang der Zwischenwahlen ein zusätzlicher Risikofaktor für die deutschen Wirtschaftsaussichten", sagte Brzeski gegenüber ZDFheute weiter.

    Protektionismus in den USA

    Die USA waren im vergangenen Jahr das wichtigste Ausfuhrland für deutsche Unternehmen. Entsprechend spielt die dortige Nachfrage eine große Rolle für deren Auftragslage. DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier bringt das gegenüber ZDFheute auf den Punkt:

    Aktuell sind die Vereinigten Staaten ein Hoffnungsschimmer in einer ansonsten sehr trüben außenwirtschaftlichen Konjunktur.

    Volker Treier, DIHK-Außenwirtschaftschef

    Mit Verweis auf aktuell protektionistische Tendenzen der USA sieht Jörg Krämer die Auswirkungen einer geschwächten Biden-Präsidentschaft weniger dramatisch. "Die Demokraten stehen den Republikanern in Sachen Protektionismus in nichts nach", sagte Krämer. Außerdem liege die Kompetenz für Außen- und Wirtschaftspolitik größtenteils beim amerikanischen Präsidenten. Nur für Freihandelsabkommen bräuchte er die Zustimmung des Kongresses. Ein solches Abkommen steht aber ohnehin nicht auf der Agenda.

    USA mit herausragender Bedeutung für hiesige Unternehmen

    Auch aus diesem Grund unterstreicht der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) die Notwendigkeit daran zu arbeiten, die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen zu verbessern."

    Keinesfalls dürfen sich der Einfluss isolationistischer Stimmen, die die Chancen und Möglichkeiten offener Märkte ablehnen, sowie der Trend zu Protektionismus und unfairer Priorisierung der heimischen Industrie verstärken.

    Siegfried Russwurm, BDI-Präsident

    Bitkom: Klares Bekenntnis nötig

    In das gleiche Horn stößt der Digitalverband Bitkom. Gegenüber ZDFheute sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder, die USA hätten für hiesige Unternehmen eine herausragende Bedeutung. "Ob der Aufbau einer Datenökonomie, die Entwicklung von Zukunftstechnologien wie Quantencomputing und Künstlicher Intelligenz oder die Stärkung der Resilienz unserer kritischen Infrastrukturen:

    Eine funktionierende transatlantische Zusammenarbeit in der digitalen Wirtschaft und der digitalen Welt braucht ein klares Bekenntnis der amerikanischen Institutionen zum Multilateralismus und zu einer Partnerschaft mit Europa auf Augenhöhe.

    Bernhard Rohleder, Bitkom-Hauptgeschäftsführer

    Das sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder gegenüber ZDFheute.

    Pattsituation – weniger Wirtschaftswachstum?

    "Der Gegenwind wird stärker - und kälter", heißt es in dieser Hinsicht aus dem Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW).

    Handelserleichterungen zwischen den USA und der EU werden mit einem republikanisch dominierten Kongress nicht zu machen sein.

    Holger Görg, IfW-Präsident

    Es dürften daher zwei kritische Jahre bis zur nächsten Wahl werden - nicht nur für Präsident Biden, sondern auch für europäische Länder und den Rest der Welt.

    Fallende Kurse

    Solche Befürchtungen haben offenbar auch Investoren an der Börse. DAX und EuroStoxx50 sind am Mittwoch gefallen.

    Wenn am Ende die Republikaner mindestens eine Kammer des Kongresses kontrollieren, dürften viele der fiskalischen Vorhaben des US-Präsidenten Biden blockiert werden.

    Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst Online-Broker CMC Markets

    Ein Patt in Washington könne weniger Wirtschaftswachstum bedeuten. Damit letztlich aber auch weniger Inflationsdruck, was ein positives Moment darin wäre.
    Verfolgen Sie Zwischenwahlen in den USA und die anschließenden Reaktionen zu den Midterms im Liveblog bei ZDFheute:

    Zwischenwahlen in den USA
    :Aktuelle News zu den Midterms

    35 Sitze im Senat und die Zusammensetzung im Repräsentantenhaus sind bei den Midterms in den USA gewählt worden. Hier können Sie die Entwicklungen im Liveblog nachlesen.
    Das Kapitol in Washington, D.C.
    Liveblog

    Mehr zu den Zwischenwahlen in den USA