Chipfabrik in Dresden: Was Infineon vorhat

    Trotz Energiekrise:Chipfabrik in Dresden: Was Infineon vorhat

    von Thomas Bärsch
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    Trotz Unsicherheiten, Energiekrise und Rohstoffmangel plant Infineon eine Chipfabrik in Dresden. Es wäre die größte Einzelinvestition der Firmengeschichte. Warum und warum Dresden?

    Infineon. Archivbild
    Infineon will in Dresden eine große Chipfabrik bauen.
    Quelle: Matthias Rietschel/dpa-Zentralbild/dpa

    Die Botschaft aus Brüssel ist klar: Europa will auf dem Chipmarkt Lieferketten verkürzen, von Asien unabhängiger werden und überhaupt: wettbewerbsfähiger.
    Etwa 1.000 Milliarden Mikrochips wurden 2020 weltweit hergestellt. Aus Europa kommen derzeit davon nur etwa zehn Prozent. Diesen Anteil will die EU verdoppeln und dafür bis 2030 etwa 43 Milliarden Euro bereitstellen. Geld, von dem nun auch Infineon etwas abhaben möchte für seine Großinvestition in Dresden.

    Warum investiert Infineon in Dresden?

    Am Technologiestandort Dresden arbeiten bereits 3.000 Menschen für den Chip-Giganten, der Konzern ist in der Stadt verwurzelt. Zudem ist die neue Fabrik praktisch als Erweiterung der bestehenden geplant, das macht ihre Inbetriebnahme viel leichter, als wenn sie völlig neu auf der grünen Wiese entstehen würde.
    Doch eine andere Frage stellt sich: Weltweit investieren derzeit Chiphersteller in neue Fertigungsanlagen. Was, wenn nach Fertigstellung der Fabrik 2026 die Welt auf ein Überangebot an Chips blickt, das auf ein zyklisches Nachfragetief trifft?
    Infineon gibt sich bei dieser Frage relativ gelassen. Tatsächlich gebe es schon derzeit eine Kaufzurückhaltung bei Smartphones oder Unterhaltungselektronik.

    Konzern setzt nicht nur auf Handys

    Der Konzern setzt aber auf andere Trends: Digitalisierung, Dekarbonisierung und E-Mobilität. Kurz gesagt geht es zukünftig immer darum, mehr Informationen immer schneller zu verarbeiten, und das auch noch bei immer effizienterem Strommanagement - das dann die sogenannten Hochleistungschips schultern.
    Die Klimaanlage der Zukunft zum Beispiel speist die Räume nicht einfach nur noch mit Wärme oder Kälte, sie sammelt permanent Daten wie Luftfeuchtigkeit, Temperatur oder wie viele Menschen sich wann in wie vielen Räumen aufhalten - und pegelt dementsprechend das Raumklima aus.

    Infineon hat Automarkt im Blick

    Auch Radaranlagen für Autos hat Infineon im Blick - ein Riesenmarkt, vor allem, was die fernere Zukunft des autonomen Fahrens angeht. Je schneller Autos unterwegs sind, desto mehr Informationen müssen die Chips sammeln, verarbeiten und an die Fahrzeugsteuerung melden. Auch hier bei minimalem Stromverbrauch, denn das vollelektrische Auto der nicht mehr ganz so fernen Zukunft muss mit dem Strom haushalten.
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    Fünf Milliarden Euro Umsatz jährlich soll die Dresdner Fabrik bei Vollauslastung zum Konzernumsatz beitragen. Es geht also um Chips im Millionenbereich, die hier die angestrebten 1.000 neuen Mitarbeiter produzieren könnten.

    "Wafer" machen Produktion günstiger, aber anspruchsvoller

    Infineon setzt bei der Fertigung auf die größten derzeit üblichen "Wafer". Das sind meist mit Silizium beschichtete hauchdünne Scheiben, auf die dann die Schaltkreise aufgebracht werden.
    Je größer diese Scheiben sind, umso mehr Chips lassen sich gleichzeitig in jedem Produktionsgang darauf produzieren - das macht die Chips preiswerter, die Produktion allerdings technisch anspruchsvoller - kein Wunder bei einer Scheiben-Stärke von nur etwa einem Fünftel eines Millimeters.
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    So sieht sich Infineon gerüstet, die steigende Nachfrage ab 2026 zu bedienen. Und sollte es tatsächlich einen Nachfrageeinbruch geben, könne die Fabrik dank ihrer Nähe zum schon bestehenden Gebäude nach und nach mit den High-Tech-Maschinen bestückt und die Produktion langsam hochgefahren werden.

    Expansionspläne unter Vorbehalt

    Es klingt, als rollten morgen in Dresden die Bagger an, doch so weit ist es noch nicht. Ein Aspekt der Infineon-Pressemitteilung zum Thema fällt ins Auge. Der Aufsichtsrat hat das Fünf-Milliarden-Projekt in Dresden abgesegnet, "vorbehaltlich angemessener öffentlicher Förderung".
    Heißt: Fällt die Förderung nicht in der von Infineon gewünschten Höhe aus, dann wird noch einmal nachgedacht. Nicht über das Projekt, aber über den Standort.

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