Für 44 Milliarden US-Dollar wird Elon Musk Twitter kaufen, Twitter befürwortet die Übernahme. Der Milliardär hat große Pläne. Experten sehen darin eine Gefahr für die Demokratie.
Lange sah es so aus, als könnte sich Twitter erfolgreich gegen einen Verkauf an den exzentrischen US-Milliardär Elon Musk wehren. Nun hat Twitter die Übernahme durch Elon Musk befürwortet.
Wie lief der Verkauf ab?
Die "New York Times" beschrieb zuvor einen Verhandlungsmarathon zwischen Musk und dem elfköpfigen Twitter-Verwaltungsrat bis zum frühen Montagmorgen. Nun ist klar: Twitter ist bereit, das rund 44 Milliarden US-Dollar schwere Kaufangebot von Musk zu akzeptieren. Damit wäre Musks Angebot von 54,20 Dollar je Aktie erfolgreich – am Freitag lagen die Papiere bei Börsenschluss jeweils bei 48,93 Dollar.
Jetzt liegt es an den Aktionären von Twitter, ob sie das Angebot annehmen wollen. Bereits am 10. April hatte Musk exakt diesen Kaufpreis über seinen Twitter-Account öffentlich angekündigt. Nun plant er, das Unternehmen vom Aktienmarkt zu nehmen und vollständig in seinen Privatbesitz übergehen zu lassen.
Musks Gesamtvermögen wird vom Magazin "Forbes" auf fast 270 Milliarden Dollar geschätzt; im Jahr 2020 hatte es noch bei 24,6 Milliarden Dollar gelegen. Damit ist Musk aktuell reichster Mensch der Welt.
Was hat Elon Musk mit Twitter vor?
Elon Musk ist mit 83,3 Millionen Followern schon jetzt einer der prominentesten Twitter-Nutzer – oft teilt er zugespitzte Meinungen von Tech-Themen bis Politik. Politische Grundsatzfragen könnten unter Musk auch konzernintern bald eine größere Rolle spielen. Redefreiheit ist eines von Musk libertären Herzensthemen, er bezeichnet sich als Anhänger einer "absoluten Redefreiheit".
Bei Twitter geht es Musk darum auch um eine große Zukunftsvision:
Schon der Twitter-Algorithmus selbst - er bestimmt, welche Inhalte die einzelnen Nutzer angezeigt bekommen - sei voreingenommen und eine Gefahr für den öffentlichen Diskurs, sagte Musk. Als Plattform der Wahl für Politiker, CEOs, Wissenschaftler oder Journalisten hat Twitter zudem eine besondere Rolle. Dessen ist sich Musk genau bewusst.
Manche Änderungen hat Musk bereits angedeutet: Er will automatisierte Spam-Bots von der Plattform verbannen, alle Profile realer Menschen als echt kennzeichnen und die nachträgliche Bearbeitung geteilter Inhalte ermöglichen.
Welche Sorgen bereitet Beobachtern ein Twitter-Inhaber Elon Musk?
"Twitter ist ein wesentlicher Bestandteil der weltweiten digitalen Öffentlichkeit. Es in der Hand eines einzelnen Menschen zu wissen, der nicht mal ökonomische, sondern explizit politische Ziele damit verfolgt, halte ich für brandgefährlich", sagt der Kulturwissenschaftler Michael Seemann ZDFheute.
Seemann betont: "Elon Musk wird Twitter also seinen Vorstellungen von rücksichtsloser Meinungsfreiheit des Stärkeren unterwerfen." Rechtspopulisten und Verschwörungstheoretiker würden davon profitieren. "Ein System, das sich demokratisch nennt, darf einzelnen Individuen nicht so viel unlegitimierte Macht einräumen."
Aus Sicht des Soziologen Philipp Staab von der Berliner Humboldt-Universität versucht Musk einen Trend zur stärkeren Regulierung der Netzwerke umzukehren: "Nach zahlreichen Skandalen haben wir in den vergangenen Jahren in den USA und Europa doch zumindest versucht, den schädlichen Aspekten der sozialen Medien, Hassrede, Falschinformationen und Manipulationen der Öffentlichkeit, entgegenzuwirken", sagt Staab ZDFheute. "Die Frage ist also, ob es Musk gelingt, die Uhren zurückzudrehen."
Es ist das wichtigste Industrieprojekt im Osten Deutschlands: Das Tesla-Werk. Trotz aller Kritik an dem Vorhaben erhofft sich die Region einen wirtschaftlichen Aufschwung und tausende Arbeitsplätze. Zur Eröffnung kam neben Elon Musk auch der Kanzler.
Wie wurde Elon Musk zum reichsten Menschen der Welt?
Musk hat bereits zahlreiche Firmen gegründet oder geleitet. Bekannt war er lange Zeit vor allem für den Online-Bezahldienst Paypal, der 2002 für 1,5 Milliarden US-Dollar an eBay verkauft wurde. Seitdem ist Musk unter anderem mit dem Elektroauto-Hersteller Tesla und dem Raumfahrtunternehmen Space X erfolgreich.
Doch auch als Unternehmer eckte Musk vielfach an: Die Bankenaufsicht SEC ermittelte gegen ihn wegen des Verbreitens unerlaubter Firmeninfos über Twitter, einen Anti-Gewerkschafts-Tweet musste er wieder löschen. Und dann ist da die Sache mit den Steuern. Im November 2021 ließ er seine Follower darüber abstimmen, ob er ein Zehntel seines Tesla-Aktienpakets verkaufen solle oder nicht.
"In einer funktionierenden Demokratie denken Milliardäre nicht darüber nach, wie viel Steuern sie zahlen sollten, indem sie eine Twitter-Umfrage starten", kritisierte damals der frühere US-Arbeitsminister Robert Reich. "Mit solchen Stunts machen sich Musk und andere Räuberbarone der Gegenwart darüber lustig, wie wenig sie an Steuern zahlen."
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