Gas und Strom: Wie können Verbraucher entlastet werden?
Von Preisdeckel bis Sparbonus:Wie können Verbraucher entlastet werden?
von Julia Klaus
04.07.2022 | 15:11
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Gegen steigende Gas- und Strompreise gibt es diverse Vorschläge - etwa einen Preisdeckel und einen Sparbonus. Was könnte das bringen - und was nicht?
Auch Gas wird immer teurer - die "konzertierte Aktion" um Kanzler Scholz berät, wie man gegensteuern kann.
Quelle: dpa
Wenn Spitzenpolitiker beschreiben, wie sie Energie sparen oder von hohen Preisen betroffen sind, ist das immer ein Hinhörer. So erfuhr man, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kürzer duscht und dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) über die Butter-Preise recht gut Bescheid weiß. Denn die Preis-Spirale geht weiter nach oben - betroffen sind vor allem Ärmere.
Am Montag trifft sich Scholz deshalb mit Vertretern von Wirtschaftsverbänden, Arbeitgebern und Gewerkschaften - in der konzertierten Aktion soll nach langfristigen Lösungen für steigende Lebenshaltungskosten gesucht werden. Am Nachmittag könnte es erste Ergebnisse geben.
Am Wochenende hatte die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Yasmin Fahimi, einen Energiepreisdeckel vorgeschlagen. Was das ist - und welche Vorschläge es noch gibt.
Wegen steigender Lebenshaltungskosten zeigt sich Bundeskanzler Olaf Scholz besorgt und spricht von "sozialem Sprengstoff". Die Regierung will weitere Entlastungen prüfen.
Energiepreisdeckel für Strom und Gas - Grundbedarf deckeln
Die Idee: Der Staat sorgt mit einer Preisgarantie für Strom und Gas dafür, dass der Grundbedarf bezahlbar ist.
Wer ist dafür? Neben Fahimi unterstützen die Deckelung Linksfraktionschef Dietmar Bartsch, CDU-Politiker Jens Spahn und Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung. Im "Spiegel" hatte Dullien gefordert, die Energieversorger für die Mehrkosten mit Steuergeld zu entschädigen.
Kritik daran äußert etwa Stefan Kooths, Direktor vom Kiel Institut für Weltwirtschaft. Gegenüber ZDFheute schreibt er:
Es kommt jetzt darauf an, staatliche Hilfen so gezielt wie möglich einzusetzen (...). Diesem Kriterium wird der Vorschlag nicht gerecht, weil auch Gutsituierte in den Genuss staatlich gedeckelter Preise in Höhe des Grundbedarfs kommen.
Stefan Kooths, Kiel Institut für Weltwirtschaft
Auch Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung kritisiert das Gießkannen-Prinzip dahinter - und ergänzt gegenüber ZDFheute:
Ich sehe den Deckel kritisch, weil wir zwar Preissprünge haben, diese in einer Marktwirtschaft aber notwendige Anreize zum Ersatz und Sparen geben. Fossile Energiepreise zu subventionieren ist der falsche Ansatz.
Claudia Kemfert, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung
Stattdessen müsse man dafür sorgen, dass zielgerichtete Hilfsleistungen insbesondere für sozial Schwächere getätigt werden, so Kemfert.
Energiesparbonus - wer weniger verbraucht, bekommt einen Bonus
Die Idee: Man vereinbart mit dem Versorger zum Beispiel, künftig zehn Prozent weniger Gas verbrauchen zu wollen. Wer das schafft, erhält dann einen Bonus.
Wer ist dafür? Für den Bonus werben unter anderem die SPD-Fachfrau Nina Scheer sowie die Energie-Expertin Claudia Kemfert. Gegenüber ZDFheute sagt sie:
Der Energiesparbonus ist ein guter Anreiz, weil damit fossile Energieträger eingespart werden.
Claudia Kemfert, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung
Wer aufgrund eines niedrigen Einkommens ohnehin kaum heize und deshalb nicht sparen könne, brauche flankierend dazu aber einen Heizkostenzuschuss, so Kemfert.
Kritik daran kommt aus den Reihen der Grünen. Legendär ist schon die etwas flapsige Antwort von Wirtschaftsminister Habeck. Im ZDF sprach er sich gegen eine Prämie als Anreiz aus, denn: "Wenn jemand sagt, 'Ich helfe nur, wenn ich nochmal 50 Euro kriege', dann würde ich sagen: 'Die kriegst du nicht, Alter.'' Geld fürs Sparen zu bekommen - Habeck ist dagegen.
Sehen Sie hier das komplette Interview mit Habeck:
Kurz vorgestellt: Klimageld und Einmalzahlungen
Ein weiterer Vorschlag wird vermutlich heute in der Scholz-Runde besprochen: Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) möchte ein Klimageld, das an sozial Schwächere ausgezahlt wird. Finanziert werden solle das aus der CO2-Bepreisung. Mit der FDP war das bislang aber nicht zu machen.
Und auch Einmalzahlungen an wirtschaftlich schwache Haushalte könnten wieder Thema sein, sie wurden in dem 30-Milliarden-Entlastungspaket bereits umgesetzt.
Kanzler Scholz will mit Arbeitgebern und Gewerkschaften gegen die Inflation vorgehen - in einer Konzertierten Aktion. Damit folgt er einem Vorbild aus den 1960er Jahren.
Fazit: Das erste Entlastungspaket der Bundesregierung beinhaltete unter anderem den umstrittenen Tankrabatt, das 9-Euro-Ticket, eine Erhöhung der Pendlerpauschale und des Grundfreibetrags.
Der Preisdeckel und auch der Sparbonus wären also nur zwei von vielen Maßnahmen. Die Deckelung wäre dabei der deutlich größerer Eingriff in den Markt.