Die Politik wird nicht müde, zum Energiesparen aufzurufen. Was können Kommunen und Städte beitragen? Experten geben Tipps - und erklären, was die bisherigen Maßnahmen bringen.
In Zeiten teurer Energie versuchen Städte und Kommunen Energie zu sparen, wo es nur geht: In vielen Freibädern des Landes sind die Wassertemperaturen bereits gesenkt worden. Der Städte- und Gemeindebund stellt die Frage in den Raum, ob man warmes Wasser in Verwaltungsgebäuden braucht.
Berlin überlegt derweil, öffentliche Gebäude wie das Rote Rathaus oder das Brandenburger Tor nach Mitternacht nicht mehr anzustrahlen. Augsburg hat die Beleuchtung seines Wahrzeichens, des Perlachturms, schon abgedreht. Auch Brunnen werden hier abgeschaltet. Nur drei von der Unesco zum Welterbe erklärte historische Monumentalbrunnen laufen noch weiter.
- Gas sparen: Was man heute schon tun kann
Die Politik hat einen Gas-Notfallplan ausgerufen, die Netzagentur warnt vor einem russischen Gasstopp. Was kann jetzt schon getan werden, um sich auf den Winter vorzubereiten?
Und was in der Corona-Pandemie geholfen hat, könnte auch jetzt noch einmal sinnvoll werden. Aufgrund "geänderter Arbeitssituationen" wie Homeoffice-Regelungen prüft NRW, ob man Gebäudeteile der Landesverwaltung demnächst nur noch in Teilen beheizt. Auch in Nürnberg werden Mitarbeiter der Stadt künftig wieder verstärkt von zu Hause arbeiten, um Raum- und damit Heizkosten zu sparen.
Aber was bringt das?
Die Gebäudetechnologie-Expertin kritisiert insbesondere, dass die Wärmewende nicht vorangetrieben werde, und appelliert zugleich, sparsamer zu heizen: "Jedes Grad weniger bringt ungefähr fünf bis sechs Prozent Einsparung, wenn auch nicht linear." Durch Optimierungen der Heizanlage könnten sogar bis zu 25 Prozent gespart werden.
"Wir müssen jetzt sehr viel Energie sparen, denn wir haben im Winter nicht nur einen Wärme-, sondern möglicherweise auch einen Strommangel." Sie befürchtet, dass in den kalten Monaten dann statt der (Gas-)Heizung notgedrungen eher Heizlüfter genutzt werden.
Zurück ins Homeoffice - Lösung oder Verschiebung des Problems?
Homeoffice "bringt nur etwas, wenn pro Verwaltungsgebäude wirklich alle Mitarbeiter nach Hause geschickt werden", sagt Messari-Becker:
Außerdem bestünde die Gefahr, dass Menschen in ihrem eigenen Zuhause in einem viel ineffizienteren Gebäude seien und punktuell sogar mehr Energie verbrauchten. Messari-Becker erklärt: "Es geht immer darum, die beheizte Nutzfläche zu reduzieren."
Tamm bei Ludwigsburg bereitet sich auf die Wärmewende vor. Statt mit Öl und Gas soll das Dorf mit Wärmepumpen und einer Biogasanlage versorgt werden.
Auch Lion Hirth, Juniorprofessor für Energiepolitik an der Hertie School in Berlin, sieht die aktuellen Maßnahmen kritisch:
Laut Statistischem Bundesamt war der größte Stromverbraucher in Deutschland im Jahr 2021 mit 44 Prozent die Industrie. Danach folgten Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (27 Prozent) und Haushalte (26 Prozent).
Was können Städte also tun?
"Meistens sind sie glaubwürdig und beliebt und können das nutzen, um einerseits über Möglichkeiten des Energiesparens aufzuklären, und andererseits, um transparent und klar hinzuweisen, welche Kosten auf sie zukommen", so Hirth weiter. "Das ist vielen Menschen immer noch nicht bewusst."
Laut dem Energie-Experten haben ungefähr die Hälfte der deutschen Wohngebäude eine Gasheizung und diese "müssen sich darauf einstellen, dass die Kosten um das Zwei- bis Dreifache steigen werden".
Jede eingesparte Kilowattstunde "ist wichtig", sagt Gebäudetechnologie-Expertin Messari-Becker. Neben den Privathaushalten gebe es Sparpotenzial bei öffentlichen Einrichtungen.
Was bringt es, die Straßenbeleuchtung abzuschalten?
Ein anderer Ansatzpunkt ist die Straßenbeleuchtung: So sollen in Oldenburg in den kommenden Wochen in der Nacht Ampeln und Straßenbeleuchtungen abgeschaltet werden. Oberbürgermeister Jürgen Krogmann sagte dem NDR, dass die Stadt mit diesen kurzfristigen Vorhaben zwischen 10 und 20 Prozent weniger Energie verbrauchen würde.
Alternativ lässt sich bei der Straßenbeleuchtung auch durch die Umstellung auf LED-Technik Energie sparen. Lohnt sich das? Axel Bernatzki von der Energieagentur Rheinland-Pfalz unterstützt Kommunen, Bürger sowie Unternehmen beim Klimaschutz.
Hirth hält das für das Mindeste: "Wenn irgendwo noch keine LEDs verbaut sind, sollte man das so schnell wie möglich ändern." Seien LEDs bereits verbaut, gebe es allerdings keinen großen Unterschied, ob diese zeitweise ausgeschaltet werden, so der Ökonom.
Bernatzki setzt bei seinen Beratungen deswegen einen Schritt vorher an:
Ein Beispiel, an dem die Energieagentur mitgewirkt hat, ist das "Horner Modell": In dem Dorf im Hunsrück erzeugt die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Gemeindehauses den Strom für die gesamte Straßenbeleuchtung. In der Region hat die Idee bereits eine Reihe von Nachahmern gefunden.