Bund und Länder haben in Berlin neue Maßnahmen gegen die Energiekrise diskutiert. Hunderte Milliarden Euro sollen verteilt werden, doch konkrete Beschlüsse blieben aus.
Bund und Länder haben am Dienstag in Berlin über weitere Entlastungen angesichts der Energiekrise beraten. Auf einer Pressekonferenz am Abend stellte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gemeinsam mit den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen die Ergebnisse vor.
Die beschlossenen Maßnahmen umfassten insgesamt 295 Milliarden Euro, wovon der Bund zwischen 240 und 250 Milliarden stellen werde, so Scholz. Konkrete Maßnahmen für Bürgerinnen und Bürger brachte das Treffen jedoch nur wenige mit sich.
Preisbremsen für Gas und Strom sollen kommen
"Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen sollen zielgerichtet bei den gestiegenen Energiekosten entlastet werden", heißt es in dem Beschluss. Die zuvor bereits angekündigte "Gaspreisbremse" soll eine bestimmte Verbrauchsmenge an Gas im Vergleich zum Marktpreis günstiger machen - sowohl für Privathaushalte wie auch für Unternehmen.
Der sogenannte Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) der Bundesregierung soll zur Finanzierung dieses Vorhabens im Jahr 2022 mit 200 Milliarden Euro zusätzlich ausgestattet werden.
Bei den Entlastungen beim Strompreis sprechen sich Bund und Länder grundsätzlich für einen europäischen Ansatz aus. "Zur Entlastung bei den Strompreisen unterstützen Bund und Länder die Europäische Kommission in ihren Bemühungen, bezahlbare Strompreise europaweit zu sichern." Doch die Bundesregierung hält sich auch den Weg einer nationalen Lösung offen:
Zur Finanzierung dieser Maßnahme sollten vorrangig abgeschöpfte Zufallserlöse der Stromerzeuger herangezogen werden.
In vielen Punkten keine Einigung
In vielen Punkten konnten sich Bund und Länder jedoch nicht über die Verteilung der Kosten für die Entlastung von Bürgern und Unternehmen einigen.
Die genaue Ausgestaltung der Gaspreisbremse soll unter Berücksichtigung der Empfehlungen einer Expertenkommission vorgenommen werden. Diese sollen im Oktober präsentiert werden. Konkretere Beschlüsse seien darum heute nicht möglich gewesen, so Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Er vertröstete auf den nächsten MPK-Termin in zwei Wochen. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) kritisierte das als "im Ergebnis zu wenig" und warf der Bundesregierung wenig Entgegenkommen vor.
Ebenfalls keine Einigung zwischen Bund und Ländern gab es bei der geplanten Reform des Wohngelds. Ab dem 1. Januar 2023 sollen deutlich mehr Menschen Anspruch erhalten. Auch ein zusätzlicher Heizkostenzuschuss steht im Raum.
In der Diskussion um eine Nachfolgelösung für das beliebte 9-Euro-Ticket gab es keine Einigung zur Verteilung sogenannter Regionalisierungsmittel, die der Bund den Ländern etwa zum Ausbau des ÖPNV-Angebots zur Verfügung stellt. Zuletzt vertagte man auch die Entscheidung, wie man die gestiegenen Kosten zur Unterbringung von Flüchtlingen aufteilen möchte.
Enttäuschte Reaktionen auch aus Baden-Württemberg
Kritik an den Beschlüssen der Konferenz kam vom baden-württembergischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). "Ich hätte gehofft, dass wir einen Knopf dran machen, das ist leider nicht erfolgt", sagte Kretschmann am Dienstag. Die Länder lägen mit dem Bund in einzelnen Fragen zu weit auseinander.
So habe man sich nicht einigen können bei der Frage eines "Billigtickets" für den Nahverkehr, sagte der Länderchef. Es mache keinen Sinn, ein billiges Ticket einzuführen, wenn die Länder gleichzeitig Züge abbestellen müssten, weil sie keine sogenannten Regionalisierungsmittel vom Bund bekämen. Nächste Woche werde geklärt, ob es zu einer Einigung komme. Kretschmann nannte als zentrale Konfliktpunkte Geld für Krankenhäuser, Wohngeld und die Übernahme von Flüchtlingskosten. Bis Ende des Jahres soll geklärt werden, wie sich der Bund an den Flüchtlingskosten beteilige.
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