Ein riesiger Schuldenberg, weltweite Sorgen und ein Zahlungsversprechen - was die Krise des chinesischen Immobilienriesen Evergrande bedeutet. Fragen und Antworten im Überblick.
Mehr als 200.000 Beschäftigte, 1.300 Immobilienprojekte und ein Schuldenberg von rund 300 Milliarden Dollar - der chinesische Immobiliengigant Evergrande kämpft gegen die Pleite. Unter Investoren weltweit herrscht Nervosität. Erinnerungen an den Fall der US-Investmentbank Lehman Brothers werden wach.
Eine Atempause dann am Morgen: Evergrande kündigt eine Zinszahlung an. Es gebe eine Vereinbarung mit inländischen Gläubigern, dabei gehe es um 232 Millionen Yuan, umgerechnet rund 30 Millionen Euro.
"Das beruhigt die Märkte zunächst erstmal heute", sagt ZDF-Börsenexperte Frank Bethmann. Mit einer vorübergehenden Zinszahlung könne man erstmal weitermachen.
Welche das sind und mögliche Folgen: Fragen und Antworten im Überblick.
Was ist Evergrande und wo liegt das Problem?
Evergrande ist der zweitgrößte Immobilienentwickler in China, einer der größten Erbauer von Apartments, Bürotürmen und Einkaufszentren. Über das ganze Land verteilt betreibt und entwickelt er 1.300 Immobilienprojekte in 280 Städten. Für den Konzern arbeiten mehr als 200.000 Menschen.
Das Unternehmen ist in den vergangenen Jahren expandiert, etwa in die Bereiche Elektromobilität, Versicherungen, Gesundheit, Mineralwasser und Fußball. Evergrande hat dabei einen Schuldenberg von umgerechnet 300 Milliarden US-Dollar angehäuft (rund 260 Milliarden Euro).
Dabei haben nicht nur Banken dem Konzern Geld gegeben, betont Bethmann, sondern auch Investoren, die die gekauften Wohnungen später vermieten wollen. Die häufig bezahlt haben, bevor die Projekte gebaut wurden. Viele fürchten jetzt um ihr Geld.
Die Krise hatte zum Wochenbeginn weltweit die Aktienmärkte auf Talfahrt geschickt. Bei einer Pleite drohen laut Analysten schwere Folgen für das Finanzsystem in China.
Welche weltweiten Folgen könnte die Krise haben?
Es gebe natürlich die Sorge, dass bei einem möglichen Zusammenbruch des Konzerns, der 128 Banken und vielen anderen Gesellschaften Geld schulde, "gewissermaßen die Welt dranhängt", sagt Bethmann. Gleichzeitig sei in China vieles sehr restriktiv auf das Land begrenzt. Klar sei:
Je nachdem wie sehr deutsche Unternehmen vom chinesischen Wachstum abhingen, würden sie das indirekt zu spüren bekommen – etwa durch sinkende Verkaufszahlen bei Autos oder Maschinenbauteilen.
Am 15. September 2008 meldet Lehman Brothers in New York Konkurs an. Es ist das Ende einer ruhmreichen, mehr als 150-jährigen Geschichte.
Lässt sich die Lage mit dem Lehman-Fall vergleichen?
Viele Beobachter sehen momentan keinen "Lehman-Moment" für China. Der Grund sei, sagt Bethmann, dass "China das weitestgehend als innerchinesisches Problem wird lösen können und auch behandeln können."
Die US-Investmentbank Lehman Brothers war wegen ungedeckter Kredite damals in Verlusten versunken. Die Pleite am 15. September 2008 wuchs sich - wegen der weltweiten Vernetzung der Finanzmärkte - zu einer globalen Bankenkrise aus. Geldhäuser machten Milliardenverluste, etliche wurden mit Steuermilliarden gerettet.
Wie wird Peking reagieren?
Darauf warten Investoren weltweit gebannt. Weil die Verschuldung in der Branche immer neue Dimensionen annahm, will Peking mit neuen, strengen Regeln für Ordnung sorgen. ZDF-Börsenexperte Frank Bethmann erklärt, die Staatsführung könne das Unternehmen entweder mit Geld ausstatten oder es quasi "einstürzen" und die Immobilienprojekte von anderen Unternehmen weiterführen lassen.
Beobachter gingen davon aus, dass Peking nicht um jeden Preis versuchen werde, Evergrande zu retten. "Und da es eben sehr stark über chinesische Banken finanziert wird, sind die Auswirkungen dann eher dort zu spüren." Die chinesische Staatsführung werde dann schauen, wie man an dieser Stelle eingreife und die Auswirkungen abfedere.
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