Im Ausland hergestellte Güter :Deutschland immer abhängiger vom Außenhandel
31.07.2022 | 17:20
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Auch wenn sie in die Statistik einfließen: viele deutsche Exporte sind in Wahrheit keine. Denn im Ausland hergestellte Waren haben einen großen Anteil an Deutschlands Außenhandel.
Für die deutsche Industrie hat das Engagement in China immense Bedeutung, die in manchen Branchen nach wie vor wächst. Beispiel Volkswagen: Der Konzern betreibt nach Angaben einer Sprecherin dort mittlerweile 27 Produktionsstandorte mit mehr als 40 Werken.
Quelle: Imago
Zum deutschen Export liefert das Ausland einen größeren Beitrag als jedes Bundesland. Der Anteil der nicht in der Bundesrepublik hergestellten "Waren ausländischen Ursprungs" an den Ausfuhren deutscher Unternehmen ist von 1990 bis 2021 von knapp 10 Prozent auf 24,5 Prozent gestiegen, wie aus den Daten des Statistischen Bundesamts zum Außenhandel der Bundesländer hervorgeht.
Auslandsproduktion sorgt für Exportüberschuss
Diese im Ausland hergestellten Güter hatten 2021 einen Wert von knapp 338 Milliarden Euro. Ohne die Auslandsproduktion hätte Deutschland demnach bereits seit 2018 keinen Exportüberschuss mehr erzielt. In der Übersicht der Statistiker folgt erst an zweiter Stelle ein echtes Bundesland: Baden-Württemberg mit rund 221 Milliarden Euro.
Die Zahlen illustrieren, wie schwierig eine Deglobalisierung samt Entwirrung der weltweiten Lieferketten für Deutschland wäre. Der Ukraine-Krieg und die wachsenden Spannungen in den Beziehungen des Westens zu China befeuern die Debatte um die Rückverlagerung von Industrieproduktion in heimische oder zumindest benachbarte Gefilde.
Deutschland international stark verflochten
Doch Deutschland ist wirtschaftlich weit stärker international verflochten als die USA oder China mit ihren großen Heimatmärkten. Das gilt nicht nur für deutsche Fabriken im Ausland. Die Münchner Ökonomin Lisandra Flach, Leiterin des Zentrums für Außenwirtschaft am Ifo-Institut, sagt dazu:
Der Anteil an importierten Zwischengütern in der deutschen - heimischen - Produktion von Finalgütern betrug im Jahr 2019 19,6 Prozent.
Lisandra Flach, Leiterin des Zentrums für Außenwirtschaft am Ifo-Institut
"Im Vergleich zu USA und China, auch bedingt durch ihre enorme nationale Marktgröße, ist diese Zahl hoch." Dabei haben die Länder der EU allerdings bereits an Bedeutung für die deutsche Lieferkette gewonnen.
Datawrapper-Grafik: Importe und Exporte Deutschland China
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Expertin: Produktions-Rückverlagerung würde zu BIP-Senkung führen
Eine Heimholung der deutschen Industrieproduktion aus fernen Ländern hält Flach für keine sinnvolle Option:
Eine Rückverlagerung der Produktion nach Deutschland würde zu enormen Einkommensverlusten führen.
Lisandra Flach, Leiterin des Zentrums für Außenwirtschaft am Ifo-Institut
In einer 2021 erschienen Studie für die Konrad Adenauer-Stiftung schätzen Flach und ihre Mitautoren, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt im Falle einer umfassenden Rückverlagerung nach Deutschland um fast 10 Prozent sinken würde, bei der Verlagerung in benachbarte Länder noch um 4,2 Prozent.
Chinas Corona-Politik hat Lieferprobleme verschärft
Wichtigster deutscher Handelspartner war 2021 China. Doch das Geschäft dort bereitet nicht wenigen deutschen Unternehmen Unwohlsein. Die Kommunistische Partei Chinas verfolgt seit einigen Jahren eine stramm nationalistische Wirtschaftspolitik. So sind chinesische Unternehmen angehalten, möglichst bei chinesischen Lieferanten einzukaufen und nicht bei Ausländern.
Die rigiden chinesischen Corona-Beschränkungen haben nicht nur Lieferprobleme rund um den Globus verschärft und die Weltkonjunktur gedämpft. Bei vielen in China arbeitenden Ausländern ist immense Frustration die Folge, verbunden mit der Empfindung, einem autoritären Willkürregime hilflos ausgeliefert zu sein.
Stärkere Diversifizierung erwartet
Eine Entkopplung der deutschen Wirtschaft von China ist also nicht in Sicht, allerdings größere Zurückhaltung bei künftigen Neuinvestitionen. Er erwarte eine stärkere regionale Diversifizierung der deutschen Importe mit einem geringeren Gewicht Chinas, sagt Markus Taube, Inhaber des Lehrstuhls für Ostasienwirtschaft/China der Universität Duisburg-Essen.
Es gebe Spielraum für eine Auslagerung aus China in Drittländer - unter Umständen im Huckepack mit chinesischen Unternehmen, die ihrerseits ins Ausland verlagerten.
Die Produktion in China wird zunehmend für die lokale Produktion und immer weniger für den Weltmarkt aufgebaut beziehungsweise betrieben werden.
Markus Taube, Inhaber des Lehrstuhls für Ostasienwirtschaft/China der Universität Duisburg-Essen