An den Anleihemärkten rollt eine Verkaufswelle. Der gestiegene Risikoaufschlag Italiens bereitet der Euro-Notenbank jetzt Sorgen. Droht eine neue Schuldenkrise?
Die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) haben eine außerordentliche Ratssitzung abgehalten, um die Folgen des jüngstens Ausverkaufs am Anleihenmarkt zu erörtern. Man wollte "die aktuellen Marktbedingungen" diskutieren, sagte ein EZB-Sprecher. Die Pressemeldung nach der Notfall-Sitzung bleibt vage: Der Rat möchte Anleihen aus seinem Portfolio umschichten, um mehr Anleihen von Ländern wie Italien erwerben zu können. Und die Notenbank wolle nun ein neues "Instrument" entwickeln, das die "Zerbrechlichkeit" der Euro-Zone verhindern soll.
Unruhe in der EZB
An den Finanzmärkten und wohl auch in der EZB-Chefetage herrscht Unruhe. Hintergrund sind die gestiegenen Risikoaufschläge (Spreads) für höher verschuldete Euro-Staaten. Der Spread für Italien, also die Differenz zur als sicher geltenden deutschen Staatsanleihe mit zehn Jahren Laufzeit, hatte zuletzt zeitweise 2,4 Prozentpunkte überschritten. Diese Aufschläge spiegeln die Sorge wider, dass mit der Straffung der Geldpolitik die Unterstützung für diese Länder nachlassen könnte.
Der Spread zwischen den Staatsanleihen Deutschlands und denen höher verschuldeter südlicher Euro-Länder liegt inzwischen auf dem höchsten Stand seit über zwei Jahren. Während zehnjährige Bundesanleihen mit rund 1,7 Prozent notieren, liegt die Rendite entsprechender Papiere Spaniens bei etwa drei Prozent. Zehnjährige italienische Papiere werfen rund vier Prozent ab, griechische sogar 4,6 Prozent.
Griechenlands Staatsschulden liegen bei knapp 200 Prozent der Wirtschaftsleistung. In Italien liegen die Staatsschulden bei rund 150 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Notenbanken in der Eurozone und auch die EZB haben in den vergangenen Jahren massenweise Staatsanleihen der Mitgliedsländer gekauft und damit das langfristige Zinsniveau gedrückt. Die Anleihenkäufe sollten aber eigentlich jetzt eingestellt werden.
Erinnerungen an die Euro-Krise
Die Turbulenzen an den Anleihemärkten wecken Erinnerungen an die Euro-Schuldenkrise vor einem Jahrzehnt. Wie in der Euro-Krise sind wohl auch nun wieder die Banken gefährdet. In den vergangenen Jahren haben italienische Banken das billige Geld genutzt, um in heimische Staatsanleihen zu investieren. Da die Verkaufswelle der Papiere auf den Finanzmärkten die Kurse der Anleihen nach unten zieht, stehen die italienischen Bankbilanzen nun vor einer Belastungsprobe. Mal wieder.
Wie ernst die Notenbank die aktuelle Entwicklung diesmal sieht, machte EZB-Direktorin Schnabel schon am Dienstag deutlich:
Die Worte erinnern an das Versprechen des damaligen EZB-Präsidenten während der Euro-Krise: "Whatever it takes." Sein Name ist Mario Draghi. Heute ist er Präsident Italiens und dürfte gerade ein kleines Déja Vu erleben.