Der Krieg in der Ukraine belastet die Wirtschaft, die Energiepreise werden angeheizt, Lieferengpässe nehmen wieder zu. Dennoch stehen die Zeichen auf Wachstum, teilte die EZB mit.
Die Wirtschaft im Euroraum wird nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) trotz Belastungen infolge des Ukraine-Krieges in diesem Jahr wachsen. Selbst im "düstersten Szenario" gehe die Notenbank von einer wachsenden Wirtschaft aus, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde in Paris.
Ein solches Szenario umschrieb sie mit inflationären Zweitrundeneffekten in Form deutlich steigender Löhne, einem Boykott russischer Energie sowie einem lang andauernden Krieg.
[Wie groß die Abhängigkeit Europas von russischer Energie ist - ein Überblick in Grafiken]
Auch EZB-Vizepräsident Luis de Guindos befürchtet kein Abrutschen der Euro-Wirtschaft in die Stagflation - also Wachstumsschwäche gepaart mit hohen Teuerungsraten. "In unseren jüngsten Prognosen sehen wir selbst in unserem schlechtesten Szenario für das laufende Jahr im Euroraum immer noch ein Wachstum von über zwei Prozent voraus, insofern also keine Stagflation", sagte er dem "Handelsblatt".
Krieg heizt Energiepreise weiter an
Der Krieg in der Ukraine heizt unter anderem die Energiepreise, die bereits zuvor Haupttreiber der Teuerung waren, weiter an. Zudem nehmen Lieferengpässe wieder zu. "Die Auswirkungen des Angriffs Russlands auf die Ukraine dürften die wirtschaftliche Aktivität in Deutschland ab März spürbar belasten", fasst die Bundesbank in ihrem Monatsbericht März zusammen.
Im ersten Quartal 2022 könnte die Wirtschaftsleistung in Europas größter Volkswirtschaft "in etwa stagnieren", schreiben die Volkswirte der Bundesbank in Frankfurt. "Die für das zweite Vierteljahr angelegte starke Erholung dürfte aus heutiger Sicht (...) deutlich schwächer ausfallen."
Mit schneller Entspannung bei den Preisen rechnet die Bundesbank nicht:
Im Februar lagen die Verbraucherpreise in Deutschland um 5,1 Prozent über Vorjahresniveau.
EZB: Politik muss Lohn-Preis-Spirale verhindern
Die EZB strebt für den gesamten Währungsraum der 19 Euroländer stabile Preise bei einer jährlichen Teuerungsrate von zwei Prozent an. Höhere Inflationsraten schmälern die Kaufkraft von Verbrauchern, weil sie sich für einen Euro dann weniger leisten können.
EZB-Vize de Guindos sagte im "Handelsblatt"-Interview: "Für uns kommt es jetzt darauf an, wie stark die Löhne reagieren. Denn wenn die Steigerungen zu hoch sind, kann das die Preise noch weiter hochtreiben und zu dauerhaft höherer Inflation beitragen." Bisher sehe die EZB keine Anzeichen für eine solche Entwicklung.
Auch die Politik müsse ihren Beitrag leisten, eine gefährliche Lohn-Preis-Spirale zu verhindern, forderte der EZB-Vizepräsident: "Der Preisschock bei Energie- und Rohstoffen, den wir momentan erleben, macht viele Unternehmen und Arbeitnehmer ärmer."
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