Vierte Zinserhöhung in Folge: Die EZB hält Kurs

    Leitzins jetzt bei 2,5 Prozent:Zinserhöhung: Die EZB hält Kurs

    Klaus Weber
    von Klaus Weber
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    Nach langem Zögern erhöht die Europäische Zentralbank die Zinsen nun bereits zum vierten Mal. Es wird nicht die letzte Erhöhung sein. Es geht dabei auch um ihre Glaubwürdigkeit.

    Nach dem Zinsschritt ist vor dem Zinsschritt. Mutmaßlich wird die EZB nach der Entscheidung heute, bereits im Februar die nächste Erhöhung folgen lassen, denn die Inflation ist noch lange nicht besiegt. Dieses Mal sind es zwar "nur" 0,5 Prozentpunkte, dennoch zeigt die Zentralbank damit weiter ihre Zähne.

    EZB zögerte zu lange mit Zinserhöhung

    Es ist dieses Festfressen in den Köpfen der Menschen, die die Teuerungsrate so gefährlich macht. Denn bereits in der Erwartung einer höheren Inflation wird weniger konsumiert und investiert. Das will die Zentralbank mit dem hohen Tempo der Zinsschritte unbedingt verhindern.
    Dabei fällt der EZB immer noch auf die Füße, dass sie anfangs zu lange gezögert hat. Jetzt muss sie besonders hart bleiben, ihre eigene Reputation wiederherstellen und weiter deutlich machen, dass sie es ernst meint, mit der Inflationsbekämpfung.

    EZB-Bilanzsumme verstärkt unter Beobachtung

    Deswegen hat sie nun auch einen weiteren Punkt auf der Agenda, der jahrelang kaum jemanden zu interessieren schien. Es geht um die gigantische EZB-Bilanzsumme von über acht Billionen Euro. Verursacht vor allem durch das ausufernde Anleihekaufprogramm, mit dem sie vielen EU-Ländern aus der Bredouille half. Genau darauf richten die Währungshüter nun ihr Augenmerk. Ab März soll es zurückgefahren werden.
    Für Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING, ist das schon lange Teil des jetzigen Problems:

    Die Bilanzsumme der EZB ist einer der Inflationstreiber und gehört zur lockeren Geldpolitik dazu.

    Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING

    Es geht nun darum, diese unkonventionellen und teilweise auch umstrittenen Maßnahmen der Geldpolitik zurückzufahren. Sozusagen auch an der Anleihefront nicht mehr nachzuordern, um die Bilanz zu verringern. Brzeski drückt dies so aus: "Die EZB stoppt langsam den Alkoholausschank auf der Party. Ohne, dass die Gäste irgendwelche Psychosen bekommen."

    Vor- und Nachteile
    :Was es bedeutet, wenn die Zinsen steigen

    Die Europäische Zentralbank schraubt die Zinsen weiter nach oben - um 0,5 Punkte auf 2,5 Prozent. Aber was bedeutet das eigentlich für Verbraucher?
    Archiv: Eine Frau mit Regenschirm steht vor einem Schaufenster mit Ammobilienangeboten.
    FAQ

    Experiment mit offenem Ausgang

    Allerdings hat sie sich auch hierbei viel Zeit gelassen und steht nun vor einem Experiment mit offenem Ausgang. Sie normalisiert nämlich ihre Geldpolitik ausgerechnet in einer Zeit hoher Inflation und drohender Rezession. Niemand weiß aktuell, was unter diesen Umständen in den Ländern passieren wird, deren Anleihen sie in großer Zahl im Depot hat.
    Carsten Brzeski sieht auch deshalb 2023 unter keinem guten Stern: "Verorgungskrise, Energiekrise - Bremsspuren des teuren Geldes kommen dazu. Das werden wir alle merken."

    Experte: Zwei-Prozent-Ziel bei Inflation unerreichbar

    Zumal auch die Teuerung so bald noch nicht auf wirklich erträgliche Niveaus zurückgehen wird. Die EZB selbst prognostiziert für das Jahr 2023 eine Inflationsrate von 6,3 Prozent. Das wäre zwar besser als aktuell, aber immer noch deutlich über den von den Währungshütern als Ziel für Preisstabilität auserkorenen zwei Prozent.
    Für Jürgen Molnar, Kapitalmarktexperte von Robomarkets, im Augenblick sowieso eine unerreichbare Marke: "Man kann froh sein, wenn man demnächst wieder mal auf eine Inflationsrate von vier Prozent kommt. Eine Zwei ist zur Zeit utopisch. Vier ist sozusagen die neue Zwei."
    Ein gar nicht so abwegiges Szenario für die nächsten Jahre, geht doch die Europäische Zentralbank selbst davon aus, dass wir sogar im Jahr 2024 noch mit einer Inflationsrate von 3,4 Prozent leben müssen. Aber selbst dazu muss bei der künftigen Geldpolitik wohl alles zusammenpassen. Der Kampf gegen die Inflation ist der berühmte Marathonlauf, bei dem die EZB hoffentlich nun "bessere Beine" hat als bei dessen Start.   

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