Mit Fake-Shops machen Betrüger groß Kasse: Wer dort bestellt, erhält entweder gar nichts oder Schrott. Die Organisation "Watchlist Internet" kämpft gegen den zunehmenden Betrug an.
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Schicke Schuhe shoppen, ein neues Shirt, die passende Hose dazu und eine Sonnenbrille - alles kein Problem auf Instagram, einer Online-Plattform mit aktuell mehr als 1,2 Milliarden Nutzerinnen und Nutzern weltweit.
Die Angebote kommen an: In einer konzerneigenen Umfrage gaben 83 Prozent der Befragten an, auf Instagram neue Produkte und Dienstleistungen zu entdecken. Solche Zahlen lassen nicht nur seriösen Werbetreibenden das Herz höherschlagen.
Toller Werbeauftritt, nichts dahinter
Dass sich mit Mode- und Lifestyle-Angeboten auf Instagram und anderen Plattformen Kasse machen lässt, nutzen Kriminelle in immer größerem Ausmaß für ihre betrügerischen Geschäfte mit sogenannten Fake-Shops, also fingierten Online-Läden.
Die europaweit einzigartige Plattform Watchlist Internet mit Sitz in Wien beobachtet das Phänomen der Fake-Shops mit betrügerischen oder zumindest problematischen Angeboten bereits seit 2014.
Wer im Internet auf der Suche nach Schnäppchen ist, kann auf Fake-Shops stoßen.
Mehr als 13.000 Fake-Shops – Tendenz steigend
Das Team der unabhängigen Organisation geht Betrugsverdachtsfällen nach, berichtet über tatsächlichen Nepp und dokumentiert Fake-Shops in Listen auf der eigenen Webseite.
Die Zahlen der dort registrierten Online-Fake-Shops im deutschsprachigen Raum in den Jahren
- 2014-2018: 2.675
- 2019: 2.816
- 2020: 3.182
- 2021: 4.276
Unseriöse Geschäftemacher nutzen neben Instagram auch andere Social-Media-Plattformen wie Facebook oder TikTok. Die Masche ist laut Behrens häufig gleich:
- beliebte Produkte, die es sonst nirgends mehr gibt, werden als lagernd angezeigt
- dabei drängen Angaben wie "nur noch 1 Stück vorrätig" zu raschem Handeln und Kauf
- der Preis eines gesuchten Produkts ist günstiger als bei anderen Anbietern, aber nicht so billig, dass große Skepsis aufkommt
Hacker und andere Betrüger nutzen die Angst der Menschen vor dem Coronavirus aus, indem sie sich etwa in Fake-Shops als Anbieter von Schutzmasken ausgeben.
Werbeglanz und Ramsch
Watchlist Internet unterscheidet bei den Fake-Shops zwischen "betrügerischen" und "problematischen" Angeboten: "Bei betrügerischen Shops zahlen Kunden meist gegen Vorkasse und bekommen überhaupt keine Ware geliefert", erklärt Projektleiter Behrens.
Bei "problematischen" Shops seien oft "die tollsten Werbeangebote zu sehen, aber es wird nur minderwertige Ware geliefert", so Behrens.
Watchlist Internet über Chinas Schlüsselrolle
Fake-Shop-Betreiber, bei denen solch minderwertige Ware geliefert werde, operieren laut Watchlist Internet "nahezu zu 100 Prozent aus China heraus, die versendeten minderwertigen Produkte kommen auch alle von dort".
Instagram und andere Plattformen gehen zwar gegen Fake-Shops vor und sperren diese. Doch es gibt Probleme, dem Phänomen im Großen und Ganzen Herr zu werden.
Ein Betrüger, 100 Fake-Shops
Kaum ist ein Fake-Shop gesperrt, schalten die Betrüger mit ein paar Klicks einfach einen anderen mit nahezu identischem Angebot online. "Diese Leute haben nicht nur einen Shop, sondern Hundert und mehr - da fällt es nicht ins Gewicht, wenn mal einer gesperrt wird", sagt Thorsten Behrens.
Ärgerlich für geprellte Kundinnen und Kunden: In der Regel können sie die Ramschware nicht nach China zurücksenden, weil die Anbieter mit falschem Impressum arbeiten. Oder aber die Versandgebühren sind so hoch, dass sie den Preis der Ware weit übersteigen und die Retour finanziell sinnlos ist.
Fake-Shops erkennen
Thorsten Behrens empfiehlt deshalb, schon beim Einkauf einen sehr genauen Blick auf den Shop-Anbieter zu werfen:
- nur wenige Likes und Beiträge sind für einen Online-Shop ungewöhnlich; das kann auf Betrug hinweisen
- unter den Beiträgen von Fake-Shops finden sind auf Instagram oft Kommentare, die von negativen Erfahrungen berichten
- auch vermeintliche "technische Probleme", die nur noch "Zahlung gegen Vorkasse" als Option übriglassen, deuten auf Betrug hin
Weil Umfragen zufolge bereits Millionen Menschen in Europa durch Fake-Shops geprellt worden sein dürften, hat die EU-Kommission einen neuen "Digital Services Act" erarbeitet, der die Verbraucherschutzlücken im Online-Handel schließen soll.
Bis zum Inkrafttreten der neuen Regeln kann es aber noch anderthalb Jahre dauern.