Immer mehr Anleger möchten mit ihrem Ersparten helfen, die Wirtschaft grüner zu machen. Doch Geld allein reicht nicht, das zeigt ein Bericht. Mehr einheitliche Regeln sind nötig.
Nachhaltige Geldanlagen boomen - nach den Zahlen des Bundesverbands Investment und Asset Management sind in Deutschland mehr als 580 Milliarden Euro allein in nachhaltigen Fonds investiert. Und jeder sechste Euro, der neu angelegt wird, fließt in solche Anlageprodukte. Doch ob die Gelder tatsächlich entsprechend investiert werden, also in "sustainable finance", ist nicht immer gesichert.
Das zeigt eine Studie der Finanzwende Recherche, die ZDFheute exklusiv vorliegt. Darin untersuchen Autoren der gemeinnützigen Tochtergesellschaft der Bürgerbewegung Finanzwende, wie es um die Wirkungen der Sustainable-Finance-Strategie der alten Bundesregierung steht. Die hatte diese vor einem Jahr vorgestellt, die Ampel-Regierung hat jedoch noch keine neue Strategie entwickelt.
Vor allem junge Menschen wollen ihr Geld ökologisch sauber anlegen. Doch wie nachhaltig sind grüne Geldanlagen und worauf muss man bei der Auswahl achten?
Häufig Greenwashing bei Finanzprodukten
Ein Kritikpunkt der Studie: Immer noch würden häufig Produkte als nachhaltig angepriesen, die es gar nicht sind, viele Anbieter betrieben also "Greenwashing". Magdalena Senn, Referentin für nachhaltige Finanzmärkte von Finanzwende Recherche, kritisiert:
Da werde eine Wirkung versprochen, die gar nicht eingehalten werden könne.
Dafür gibt es mehrere Gründe: Zum einen ist immer noch nicht geregelt, welche Geldanlagen denn als "nachhaltig" gelten dürfen. Die Definition ist in der Europäischen Union heftig umstritten, nach den aktuellen Plänen zur "Taxonomie" plant die EU ja, Atomkraft und Gas als nachhaltig einzustufen.
Monatelang wurde darüber gestritten, nun ist es offiziell. Investitionen in neue Gas- und Atomkraftwerke gelten künftig unter Auflagen als klimafreundlich und nachhaltig.
Das aber ist nur ein Problem. Denn es gibt so viel Kapital am Markt, das Anlage sucht, dass es immer noch genügend Geld gibt, mit dem auch umweltschädliche Projekte rentabel finanziert werden können. So hat der saudi-arabische Ölkonzern Aramco ohne Schwierigkeiten genügend Investoren für seinen Börsengang im vergangenen Jahr gefunden.
Denn die Finanzmärkte seien auf kurzfristige Rendite getrimmt, langfristige Finanzierungen, wie sie für die Transformation zu einer grüneren Wirtschaft nötig seien, würden deshalb kaum eine Rolle spielen, heißt es in dem Bericht. Die Kreditinstitute refinanzierten sich meist über die nächsten zwei bis drei Jahre. Der Umbau zu einer klimafreundlichen Wirtschaft aber erfordere langen Atem, das sei nötig, sagt Senn, wenn man die Erderwärmung stoppen wolle.
Banken berücksichtigen Klimarisiken kaum
Folgen des Klimawandels wie die Überschwemmungen an Ahr und Mosel im vergangenen Sommer könnten im schlimmsten Fall auch zu einer Finanzkrise führen. Die Banken berücksichtigen solche Risiken jedoch bisher noch kaum, die sich etwa aus der Kreditvergabe an nicht nachhaltige Unternehmen ergeben. Die EZB überprüft diese Risiken zwar in ihrem aktuellen Klimastresstest, doch inwieweit sie daraus auch Konsequenzen zieht, ist offen.
Die Deutsche Kreditwirtschaft, die für die gesamte Bankenbranche in Deutschland spricht, hält die Überprüfung dieser Risiken zwar für richtig, möchte aber Konsequenzen möglichst vermeiden. Vor allem möchten die Kreditinstitute für solche Risiken auf keinen Fall mehr Eigenkapital hinterlegen, damit sie für Kreditausfälle besser gewappnet sind.
Finanzwende: Brauchen einheitlichere Regeln
Nachhaltige Geldanlagen können deshalb nur wirklich zu einer Umgestaltung der Wirtschaft beitragen, wenn es klarere Definitionen und Regeln gibt, folgert Finanzwende Recherche. Das scheitert schon an der Definition des Begriffs, wie die Diskussion um die Taxonomie in der EU zeigt.
Es gibt aber auch noch zu wenige Daten: Wie nachhaltig Unternehmen wirtschaften, das überprüfen zwar bei den großen Unternehmen die Ratingagenturen, wenn sie deren wirtschaftliche Lage und Kreditwürdigkeit beurteilen. Deren Einstufung ist dann wichtiger Maßstab für die Investoren. Aber die Urteile fallen unterschiedlich aus. "Da müssen einheitlichere Regeln her", fordert Magdalena Senn, "damit die Anleger sich auf das Urteil der Agenturen verlassen können."