Laut Fleischatlas 2021 muss die Politik die Herstellung von Fleisch stärker regulieren. Insgesamt greifen aber immer weniger Jüngere regelmäßig auf Fleisch zurück, so die Studie.
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In ihrem "Fleischatlas 2021" thematisieren die Heinrich-Böll-Stiftung und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die sozialen und ökologischen Folgen, die durch die Produktion und den Konsum von Billigfleisch verursacht werden - und kritisieren das politische Handeln.
"Klimaschädlich, unsozial und veränderungsresistent - trotz aller Skandale der letzten Jahre und des akuten Klimanotstandes, ist in der globalen Fleischindustrie auch jetzt keine grundlegende Veränderung in Sicht", heißt es.
Nach den Corona-Ausbrüchen in Schlachthöfen drängte Agrarministerin Klöckner auf Veränderungen in der Fleischindustrie.
Viehzucht trägt zu steigenden Emissionen bei
Die Forderung von BUND und Heinrich-Böll-Stiftung: Sowohl die europäische als auch die deutsche Politik müsse die Fleischproduktion grundlegend umzudenken. Es seien gezielte Maßnahmen notwendig, um den Verbrauch um mindestens die Hälfte zu reduzieren.
- Ohne Kurswechsel könnte die weltweite Fleischproduktion laut Fleischatlas bis 2029 um 40 Millionen Tonnen auf 360 Millionen Tonnen im Jahr steigen
- Eine solche Zunahme würde die Auswirkungen der Klimakrise weltweit verschärfen
- Schon jetzt verursache die Tierhaltung rund 14,5 Prozent der globalen Emissionen
Jüngere Menschen setzen sich für Nachhaltigkeit und Tierwohl ein
Vor allem jüngere Generationen reagieren: Fleischverzicht scheint sich einer Umfrage zufolge zu einem Trend zu etablieren:
- Mehr als als zwei Drittel der 15 bis 29-Jährigen in Deutschland lehnen die Fleischproduktion in ihrer derzeitigen Form ab
- Sie seien bereit, mehr für Fleisch zu bezahlen, wenn eine Änderung der Produktionsbedingungen erfolge
- Knapp 26 Prozent von ihnen essen wenig Fleisch
- 13 Prozent sind Veganer oder Vegetarier
Rund ein Siebtel der globalen Emissionen geht auf die Tierhaltung zurück. Besonders die jüngeren Generationen wünschen sich eine "Fleischwende".
Fleischkonsum - eine politische Debatte
Grund für die kritische Haltung seien vor allem die als abstoßend empfundenen Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie, heißt es in der Studie.
Der Konsum von Fleisch scheint also längst nicht mehr nur eine Geschmacksfrage zu sein, sondern vielmehr ein politischer Diskurs. Eine Mehrheit von über 80 Prozent sehe Handlungsbedarf beim Staat, für eine bessere Tierhaltung und eine klimafreundliche Ernährungspolitik einzutreten, erklärt Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung.
- Warum es beim Klima um die Wurst geht
Schon jetzt wirkt sich der Klimawandel auf die Lebensmittelsicherheit aus, warnt der Weltklimarat. Mit ein Grund: die große Nachfrage nach Fleisch. Das ließe sich ändern.
Industrielle Fleischproduktion - wesentlicher Treiber der Klimakrise?
Allein die fünf größten Fleisch- und Milchkonzerne würden mit 578 Millionen Tonnen klimaschädlichen Gasen so viel emittieren, wie der "größte Ölmulti der Welt", sagt Unmüßig. Hinzu käme, dass die industrielle Fleischindustrie Menschen aus ihrem Land vertreibe und Waldrodungen sowie Pestizideinsätze befeuere, so der Vorstand.
Der Wachstumstrend der globalen Fleischindustrie? Laut Unmüßig "im Kern ungebrochen". Immerhin sei in Deutschland dank dem Kampf der Gewerkschaften jetzt die Zeit der Leiharbeit und Werksverträge vorbei, sagt sie.
Die Bundesregierung will Werkverträge in der Fleischindustrie ab 2021 verbieten. Das Gesetzespaket muss noch von Bundestag und Bundesrat angenommen werden.
Fleischersatzprodukte im Trend – der Schlüssel zur Lösung?
Trotz anhaltender und öffentlicher Kritik in den vergangenen Jahren scheint der grundlegende Wandel in der Fleischindustrie laut Fleischatlas noch nicht gekommen. Eine Veränderung zeichnet sich dennoch ab:
Fleischersatzprodukte scheinen beliebter zu werden. Fachleute rechnen bei den pflanzenbasierten Alternativen sogar mit einer jährlichen Wachstumsrate von 20 bis 30 Prozent weltweit.
Welche Rolle diese Produkte in Deutschland spielen werden, hänge jedoch einerseits stark von der Nachfrage ab und andererseits von den Unternehmen, die die Märkte dominieren, heißt es im Fleischatlas.