Steigende Energiepreise: Fliegen wird vorerst teurer
Flugtickets werden teurer:Für 19 Euro nach Malle ist vorerst Geschichte
von Brigitte Scholtes
22.10.2022 | 18:28
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Die Reise nach Mallorca, ein Wochenendtrip nach Paris oder London – dafür müssen Flugreisende schon jetzt tiefer in die Tasche greifen. Und das dürfte zunächst so bleiben.
Das Fliegen wird teurer - zumindest vorerst. (Archivfoto)
Quelle: Robert Michael/zb/dpa
Wenn selbst Ryanair-Chef Michael O’Leary ankündigt, Fliegen werde teurer werden, dann müssen Passagiere das wohl ernst nehmen. Um 25 Prozent auf etwa 50 Euro werde der durchschnittliche Ticketpreis pro Strecke steigen, heißt es bei dem irischen Billigflieger. Auch Lufthansa-Chef Carsten Spohr bestätigt das: Die Zeit der Überkapazitäten sei vorbei, resümierte er im Sommer.
Die Preise steigen jetzt schon, das zeigen die Daten des Statistischen Bundesamts. So waren Flugtickets im Reisemonat August im Schnitt um bis zu 12,5 Prozent teurer als ein Jahr zuvor – damit stiegen sie schneller als die jährliche Inflationsrate, die da noch bei 7,9 Prozent lag. Gegenüber August 2019, also vor der Pandemie, haben die Preise sogar um 25 Prozent zugelegt.
Hohe Energiepreise - hohe Flugpreise
Das ist wenig verwunderlich, sind doch die Energie- und damit auch die Kerosinpreise seit Beginn des Ukraine-Kriegs deutlich gestiegen. "In der Tendenz müssen sich Passagiere in der Zukunft auf teurere Tickets einstellen, das wird nicht nur bei der Lufthansa so sein", glaubt Stefan Schöppner, Analyst der Commerzbank.
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Neben den höheren Energiepreisen drücken die Airlines auch höhere Personalkosten. Und: "Die Entwicklung hin zu mehr Umweltfreundlichkeit, zu klimaschonenderen Treibstoffen, das alles kostet Geld", sagt Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt.
Und das werden natürlich wir als Passagiere bezahlen müssen - wer denn sonst?
Heinrich Großbongardt, Luftfahrtexperte
Das aber werde auch Einfluss auf die Nachfrage haben, ist Großbongardt überzeugt. Denn in den Jahren vor der Pandemie war die Nachfrage ja auch getrieben durch "teilweise absurd niedrige Ticketpreise: Wenn der Trip nach Mallorca jetzt nicht mehr für 19 Euro zu haben ist, sondern 99 oder sogar 149 Euro kostet, dann überlegen sich manche Leute, ob sie denn da dreimal im Jahr hinfliegen oder vielleicht doch nur einmal", rechnet er vor.
Steigende Preise zwingen Urlauber zum Sparen
Das dürfte auch allein deshalb geschehen, weil die hohe Inflation viele Menschen zum Sparen zwingt. "Der Ausblick für das nächste Jahr ist für die Flugbranche düsterer", sagt Patrick Schuchter, Luftfahrtexperte der genossenschaftlichen Fondsgesellschaft Union Investment.
Wir Konsumenten sind wegen der hohen Inflation deutlich zurückhaltender geworden, der Verbraucher ist nicht mehr bereit, so viel Geld auszugeben. Und das wird früher oder später auch die Flugbranche betreffen.
Patrick Schuchter, Luftfahrtexperte bei Union Investment
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Im laufenden Jahr ist die Reiselust der Menschen nach zwei Jahren Pandemie noch so groß, dass sie die schon höheren Preise in Kauf nehmen. Die Fluggesellschaften weltweit aber rechnen noch damit, dass die Nachfrage weiter anzieht, sie erhöhen ihre Kapazitäten um fünf bis zehn Prozent.
Die Kosten durch die Tarifvertragsabschlüsse bei Piloten oder beim Bodenpersonal nicht nur bei der Lufthansa seien aber deutlich angestiegen - so wie eben auch die Ölpreise, sagt Schuchter.
In dem Moment, in dem die Verbraucher nicht mehr bereit sind, diese hohen Ticketpreise zu bezahlen oder erste Fluglinien beginnen, diese zu senken, weil die Auslastung der Flugzeuge nachlässt, kommt man in eine Abwärtsspirale.
Patrick Schuchter, Luftfahrtexperte bei Union Investment
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Lufthansa aber hofft darauf, dass sie mehr Tickets in den USA verkaufen kann, weil sich dort die Konjunktur nicht so stark abschwächen werde: "Wir gewinnen dort Marktanteile und verkaufen zu Preisen, die wir sonst nicht kennen", sagte der Lufthansa-Chef vor einigen Wochen.
Konkurrenz aus Asien droht
Der Flugmarkt könne sich den allgemeinen Gesetzen von Angebot und Nachfrage nicht entziehen, glaubt jedoch Luftfahrtexperte Schuchter. Diese gälten auch für den Ticketmarkt.
Und das Angebot dürfte in den kommenden Monaten noch weiter steigen, wenn die asiatischen Fluggesellschaften etwa aus China wieder mehr Flüge anbieten – wegen der Pandemie war das Angebot von dort ja sehr gering. Dann dürften die Preise entsprechend weiter nachgeben – wenn auch vielleicht nicht auf das Vorkrisenniveau sinken.