Das gibt es selten: Das 9-Euro-Ticket, das noch gar nicht gilt, wird schon von Forschern unter die Lupe genommen. Ein Experiment in der Wirklichkeit, schwärmen sie.
Noch gilt das 9-Euro-Ticket nicht, doch es wird schon erforscht. Mehrere Universitäten haben Projekte gestartet, um seine Auswirkungen auf das Verhalten der Menschen zu beleuchten. Für sie ist die auf drei Monate angelegte Aktion eine perfekte Gelegenheit zu forschen.
Ergriffen wird sie unter anderem in München, Kassel und Braunschweig.
So schwärmt einer der Forscher, Klaus Bogenberger, Professor an der Technischen Universität München.
Erkenntnisse für den Verkehr von morgen
Bogenberger weiter: "Unser Ziel ist es, mit Hilfe der Daten Veränderungen im Mobilitätsverhalten zu erfassen und daraus Schlussfolgerungen für den Verkehr von morgen zu ziehen. Greift zum Beispiel das 9-Euro-Ticket und bringt es tatsächlich Menschen dazu, vom Auto auf Busse und Bahnen umzusteigen? Oder fahren die Menschen weiter viel Auto, wenn Treibstoff wegen der vorübergehenden Steuersenkungen wieder billiger wird?"
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Typischerweise gehen die Forscher das Thema mit Befragungen in mehreren Wellen an: vor, während und nach den drei Monaten des 9-Euro-Tickets. So sollen Erwartungen, Nutzung aber auch langfristige Auswirkungen auf das Verhalten erfasst werden.
Die Erforschung sei:
Das betont Mark Vollrath, Professor an der TU Braunschweig.
Interesse an Forschung ist groß
Die erste Welle läuft dort seit rund zwei Wochen - mit reger Beteiligung. Rund 3.000 Personen hätten bisher mitgemacht, sagt Vollrath. Das ist bereits das Dreifache der ursprünglich angestrebten Teilnehmerzahl. Weitere Befragungswellen sind im August und November geplant.
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Vollrath und seinem Team geht es unter anderem darum, ob vor allem Personen, die bereits den ÖPNV nutzen, diesen jetzt günstiger weiternutzen oder ob das Ticket zum Umsteigen anregt. Zudem möchten sie herausfinden, wer umsteigt, was Menschen, die das nicht tun, daran hindert und was sich die Befragten vom ÖPNV wünschen.
Angela Francke, die Professorin an der Universität Kassel ist, sagt, dass das 9-Euro-Ticket als "disruptives Element" das Potenzial habe, gewohnheitsmäßiges Verhalten nachhaltig zu beeinflussen. Auch sie setzt auf drei Erhebungen, um dies zu beobachten. Die erste läuft bereits. Die Teams aus Kassel und Braunschweig wollen mit ihren Erhebungen jeweils bundesweit forschen.
Forschungsschwerpunkte unterschiedlich
In München konzentriert man sich dagegen auf die eigene Region. Dort sollen 1.000 Teilnehmer zudem ihr Mobilitätsverhalten per App erfassen. Erste Ergebnisse könnte es schon im Sommer geben. Sowohl Francke als auch Vollrath wollen noch im Juli publizieren.
Teilweise fließt das 9-Euro-Ticket auch in bestehende Projekte ein. Beispielsweise an der Universität Duisburg-Essen, wo seine Auswirkungen auf die Mobilität von Mitarbeitern von Unternehmen in Gewerbegebieten im Rahmen einer größeren Studie untersucht werden sollen.
Auch an der TU Hamburg soll ein Forschungsprojekt laufen. Das Institut für Verkehrsplanung und Logistik will in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Verkehrsverbund arme Menschen befragen. Dabei stehen Fragen im Vordergrund, wie sich das Ticket auf das Nutzungsverhalten auswirkt und welche Erfahrungen sich im Alltag ergeben.
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