Was, wenn Russland das Gas dauerhaft drosselt? Giffey fordert einen "Schulterschluss zwischen Bund und Ländern", Habeck erwartet weitere Entlastungen und macht Lindner Druck.
Wegen Wartungsarbeiten fließt seit vergangenem Montag durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 derzeit kein russisches Gas nach Deutschland. Die Wartung soll bis 21. Juli dauern. Die Sorge ist, dass Russland danach Gaslieferungen über die zuletzt wichtigste Verbindung nach Deutschland nicht wieder aufnehmen könnte. In diesem Fall könnte es spätestens in der Heizperiode zu einer Gasmangellage kommen, die schwere Schäden für die Wirtschaft haben und Energie für Privathaushalte noch einmal deutlich verteuern könnte.
Habeck erwartet weitere Entlastungen für Mittel- und Geringverdiener
Wirtschaftsminister Robert Habeck geht offenbar von weiteren Entlastungen für mittlere und geringe Einkommen aus. "Selbst Gutverdiener schlucken, wenn sie statt 1.500 plötzlich 4.500 Euro im Jahr fürs Heizen bezahlen müssen", sagt er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.
"Der Staat muss denen helfen, die es brauchen", so auch Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds.
Für Menschen mit mittleren oder geringen Einkommen seien diese Summen schlicht nicht darstellbar. Hier müsse die Regierung Entlastungen organisieren und zwar auch 2023, sagte er mit Blick auf das vom FDP-Vorsitzenden Christian Lindner geführte Bundesfinanzministerium.
Der für Wirtschaft und Klimaschutz zuständige Minister verteidigte zugleich die geplante Erhöhung der CO2-Abgabe im kommenden Jahr. Das Geld fließe "ja an die Verbraucherinnen und Verbraucher zurück, zum Beispiel durch die Abschaffung der EEG-Umlage".
Habeck: Büros sollen Energie sparen
Weiter hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Unternehmen mit Büroräumen aufgefordert, sich am Energiesparen zu beteiligen. Auch öffentliche Gebäude müssten in Randzeiten nicht voll beheizt werden, sagte Habeck dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Nach Angaben des Deutschen Städtetages versuchen die Städte jetzt schon alles, um ihren Gasverbrauch zu senken. Die Krisenstäbe der Städte arbeiteten an einem Stufenverfahren für den Zeitpunkt, zu dem man wisse, wie es um die Gasversorgung stehe, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy im Deutschlandfunk.
Der Bundeswirtschaftsminister ruft die Bürger zum Energiesparen auf. Doch was, wenn das nicht reicht? Auch die Einrichtung von Wärmestuben wird für einen solchen Fall diskutiert.
Giffey fordert enges Zusammenwirken von Bund und Ländern
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey fordert ein enges Zusammenwirken von Bund und Ländern bei der Bewältigung der Gaskrise. Sollte Russland die Regler nach Abschluss der Wartungsarbeiten an der Pipeline Nord Stream 1 nicht wieder aufdrehen, müsse eine Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) gemeinsam mit der Bundesregierung einberufen werden, sagte die SPD-Politikerin.
Die Bundesregierung und die 16 Regierungschefs und -chefinnen der Länder müssten sich gezielt abstimmen und gemeinsame Beschlüsse dazu fassen, was zu tun sei, um die Krise zu bewältigen. Giffey erinnerte an das Krisenmanagement in der Anfangszeit der Corona-Pandemie 2020. "Wir waren immer stark, wenn es einen sehr eng abgestimmten Verlauf zwischen Bund und Ländern gab." Auch im Hinblick auf die Gaskrise müsse es "eng abgestimmt gehen". "Wir haben ja Übung darin. Das muss ein ähnlicher Prozess sein." In erster Linie sei wichtig, die Versorgung der Privathaushalte und der kritischen Infrastruktur sicherzustellen. "So ist es ja auch gesetzlich vorgeschrieben."
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