Russland dreht Gashahn weiter zu:Experte: Privatverbrauch muss deutlich runter
25.07.2022 | 23:30
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Gazprom drosselt seine Lieferungen weiter - auf 20 Prozent der Kapazität. Deutschland kann das aushalten, sagt Ökonom Jens Südekum im ZDF. Aber nur unter bestimmten Bedingungen.
Der russische Staatskonzern Gazprom drosselt die Gaslieferungen weiter. Nur noch 20 Prozent der eigentlichen Kapazität solle ab Mittwoch durch Nord Stream 1 fließen. Was heißt das? Der Energie-Experte Jens Südekum von der Universität Düsseldorf, der auch die Bundesregierung in Energiefragen berät, hat das durchgerechnet. Das sagt Südekum im ZDF heute journal zu...
...den Folgen der Gasdrosselung:
"Es wird es deutlich schwieriger machen, die Vorgaben, was den Gasfüllstand angeht, jetzt noch zu erreichen.
Wir stehen momentan bei 65 Prozent, zum 1. November wollen wir 90 Prozent haben, damit wir mit gut gefüllten Speichern dann in den Winter starten.
Jens Südekum, Ökonom
Das wird jetzt deutlich schwieriger und teurer zu erreichen sein. Aber dann fehlen im Winter ja auch die Gaszuströme aus Russland. Das heißt, der Speicher wird sich dann auch schneller leeren, als uns das lieb ist.
Und wenn wir Pech haben - wir also einen kalten Winter bekommen - und wenn sich vor allem beim Gasverbrauch zu wenig tut, dann droht eben, dass wir irgendwann, im Februar, März, beim Speicher in die Nähe von Null rutschen und wir gegebenenfalls in die Gasmangel-Lage kommen - also rationieren müssten und die Industrie tatsächlich Produktions-Stilllegungen hinnehmen müsste. Das ist die bittere Realität."
Füllstand der deutschen Gasspeicher
ZDFheute Infografik
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...der Lage, wenn es bei den 20 Prozent Gaslieferungen bliebe?
"Wir würden die schon durchhalten, wenn tatsächlich etwas beim privaten und industriellen Gasverbrauch passiert. Wir müssen dort gut 20 Prozent einsparen. Es ist schon einiges passiert, bei der Industrie. Bei den privaten Haushalten zu wenig. Dort wird bislang nur etwa fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr eingespart. Es muss deutlich mehr werden.
Wenn das gelingt, dann kämen wir auch mit diesen 20 Prozent Gaszuströmen aus Russland durch den Winter und hätten eine Chance, mit einem blauen Auge davon zu kommen.
Jens Südekum, Ökonom
Aber es geht jetzt eben wirklich darum, dass diese Einsparungen ganz schnell auf den Weg gebracht werden, sodass sie bereits im jetzt kommenden Winter, ab Oktober, auch wirklich greifen."
Auslastung wichtiger Pipelines pro Stunde
ZDFheute Infografik
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"Die Großhandelspreise sind heute schon im Laufe des Tages um noch einmal zehn Prozent angestiegen. Man muss jetzt beobachten, wie es weitergeht. Aber die eigentliche Problematik liegt bei den Endkunden-Preisen, also: Wer ein Neukunde ist und heute einen Neukunden-Vertrag für Gas abschließt, der muss jetzt etwa 26 Cent für die Kilowattstunde zahlen. Das ist vier Mal so viel wie noch Anfang oder Mitte letzten Jahres.
Das Problem ist: Viele Kunden zahlen noch diese alten Preise, viele Kunden zahlen noch sechs, sieben, acht Cent. Bei denen ist also die Krise noch gar nicht angekommen. Und da ist die große Gefahr, dass dann eben im Winter zu wenig eingespart wird.
Deswegen wäre es jetzt ganz zentral, dass diese Preisanpassungen, die bei allen sowieso kommen werden - die Gaspreise werden im Jahr 2023 bei allen Kundinnen und Kunden massiv steigen - dass das jetzt aber frühzeitig passiert, dass sich die Menschen noch vor dem Winter darauf einstellen können.
Jens Südekum, Ökonom
Und das kombinieren mit Entlastungspaketen für einkommensschwache Haushalte, wo es echt an die Substanz geht. Das müsste aus meiner Sicht noch vor Beginn der Heizsaison, also vor Oktober, dringend auf den Weg gebracht werden.