Wirtschaftsminister Habeck schließt einen Flüssiggas-Deal mit Katar. Was heißt es für die Menschenrechte, wenn Russland durch Katar ersetzt wird? Was sagt Habeck zum Dilemma?
Auf der Suche nach Ersatz für russisches Gas hat Wirtschaftsminister Habeck nach eigenen Angaben eine Energiepartnerschaft mit Katar vereinbart. Das ist durchaus umstritten.
Deutschland und Katar haben nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eine langfristige Energiepartnerschaft vereinbart. Dies ist ein Schritt auf dem Weg, angesichts des Angriffskriegs auf die Ukraine weniger abhängig von russischem Gas zu werden. Dafür werden nun die Energiegeschäfte mit Katar und anderen Ländern der Region gestärkt, obwohl die deutsche Politik hier fehlende Demokratie und Menschenrechte anprangert.
Vor dem Hintergrund der gerade erst gescheiterten deutschen Russland-Politik möchte sich Habeck nun auch keine Illusionen machen, dass man dem Katar-Abkommen positiven Einfluss auf das politische System haben könnte. Der ZDF-Sendung "Berlin direkt" sagte Habeck:
Habeck zufolge kann Deutschland zur Deckung des Energiebedarfs auch künftig nicht nur mit Demokratien zusammenarbeiten. "Viele Opec-Staaten sind problematisch", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" vor Beginn der Reise. "Aber zwischen einem nicht demokratischen Staat, bei dem die Situation der Menschenrechte problematisch ist, und einem autoritären Staat, der einen aggressiven, völkerrechtswidrigen Krieg vor unserer Tür führt, gibt es noch mal einen Unterschied. Wir können nicht alle Länder von Lieferungen ausschließen."
Golf-Reise ist "politische Gratwanderung"
Bei Russland war man "sehenden Auges" in einer Abhängigkeit, auch China sei ein schwieriger Partner, so der Minister. "Wir haben jetzt gesehen, dass Marktwirtschaft, Kapitalismus sehr wohl große Erfolge erzielen kann, ohne dass damit automatisch Demokratie, Werte, Marktwirtschaft einhergeht. (...) Diese Naivität sollten wir uns glaube ich, in Zukunft nicht mehr leisten."
Der Krieg in der Ukraine hat gezeigt: Deutschland ist wirtschaftlich zu abhängig von anderen Ländern, nicht nur von Russland. Insbesondere zu China bestehen sehr enge Beziehungen.
Bei dem Deal in Katar habe es "keine Koppelgeschäfte" gegeben, betonte Habeck in der ARD. "Waffenlieferungen waren überhaupt nicht Thema der Reise."
"Robert Habeck begibt sich bei seiner Reise an den Golf auf eine politische Gratwanderung", sagt ZDF-Korrespondent Karl Hinterleitner. "Einerseits will er eine Atmosphäre schaffen, die die dringend notwendigen Energiegeschäfte ermöglicht, andererseits muss er die Menschenrechte ansprechen. Das hat er wohl auch getan, aber wohl nicht allzu deutlich, denn das würde wieder die Geschäfte gefährden. Man nennt das Realpolitik - denn Deutschland braucht die Energie aus der Region."
Habeck wurde von rund 20 Firmenvertretern vor allem aus dem Energiebereich begleitet. Die sollen nun Details der Energiepartnerschaft mit katarischen Stellen ausarbeiten. Zu vereinbarten Liefermengen wurden keine Angaben gemacht. Katar ist einer der weltweit größten Exporteure von Flüssigerdgas (LNG).
Der Bau von LNG-Terminals steht noch aus
Eine Konsequenz aus dem Deal ist, dass in Deutschland der Bau von LNG-Terminals vorangetrieben werden muss. In Norddeutschland sollen LNG-Terminals errichtet werden, damit Flüssiggastanker dort anlegen können. Dies dauert allerdings mehrere Jahre.
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Habeck sagte, die vereinbarte Partnerschaft mit Katar umfasse nicht nur LNG-Lieferungen, sondern auch den Ausbau von erneuerbaren Energien sowie Maßnahmen zur Energieeffizienz. Auch der Bezug von Wasserstoff war Thema, den Deutschland benötigt, um seine Stahl- und Chemieindustrie klimafreundlicher umzubauen. "Ziel der Reise ist, mittelfristig eine Wasserstoff-Partnerschaft aufzubauen, das heißt es politisch zu flankieren", hatte Habeck vor dem Abflug in Berlin gesagt. Am Montag wird Habeck in den Vereinigten Arabischen Emiraten erwartet.
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