Weniger Kuchenverkauf, fehlende Dachziegel, hohe Gaspreise. Drei Handwerker berichten, wie die Energiekrise sie und ihre Betriebe trifft.
Mario Berg, Bäcker in Mainz
"In den letzten Wochen hat sich der Preis für Mehl verdoppelt, auch Zucker und besonders Milchprodukte wie Quark und Schichtkäse sind teurer geworden. Deshalb mussten wir leider die Preise anheben. Wenn das so weitergeht, kann ich das aber nur bedingt an die Kunden weitergeben. Denn sonst gehen die Menschen in den Supermarkt statt zum Bäcker.
Unsere Backöfen laufen mit Heizöl. Ich hatte mal überlegt, auf Gas umzusteigen - zum Glück habe ich das nicht gemacht. Aber auch das Öl ist teurer geworden.
Unsere Filialen haben jetzt am Sonntag geschlossen. Das hat nicht nur mit der Energiekrise zu tun. Wir wollten sowieso noch familienfreundlicher werden. Meinem Personal und meiner eigenen Familie kommt der freie Sonntag da sehr entgegen. Krise als Chance sozusagen.
Für meine Kühlhäuser möchte ich gern Solar-Panele, aber der früheste Liefertermin ist Ende 2023. So lange müssen wir warten."
Chiara Monteton, Dachdeckerin in Bochum
"Wir haben zwei Probleme: Die Materialien werden teurer. Und die Lieferzeiten länger. Ein Beispiel: Wir bauen gerade viele Photovoltaikanlagen bei Kunden auf die Dächer, aber ein bestimmtes Teil, das man im Keller einbaut, ist nicht lieferbar. Die Kunden können ihre neue Anlage also nicht nutzen.
Wir bauen auch Dachfenster und Rollläden ein. Für beides werden Chips benötigt. Aber weil es für den größten Hersteller rentabler ist, die Dachfenster zu verkaufen, warten wir wochenlang auf die Rollläden.
Kunden müssen also viel mehr planen.
Oder die Ziegel. Der größte Hersteller in Deutschland hatte bis September einen Annahmestopp für Bestellungen. Auch andere Ziegelhersteller haben uns gemeldet, die Produktion lohne sich gerade nicht wegen der hohen Energiepreise. Zwar gibt es Betondachsteine als Alternative. Aber früher konnten wir unseren Kunden eine Bandbreite von 15 Ziegeln in allen Farben anbieten.
Die Stadtwerke erwarten einen Strompreisanstieg von sechzig Prozent im kommenden Jahr und auch bei den Gaspreisen ist ein weiterer Anstieg möglich. Wie soll das finanziert werden?
Vor der Coronakrise haben die Firmen die Materialkosten jährlich angepasst, danach halbjährlich und nun kriegen wir alle drei Monate neue Preise. Wir müssen das an die Kunden weitergeben. Zum Glück ist unser Handwerk selbst nicht sehr energieintensiv."
Ulrich Schäfer, KfZ-Lackierermeister in Ilsfeld-Auenstein (Baden-Württemberg)
"Wir reparieren und lackieren Pkw und Nutzfahrzeuge und alles, was auf Deutschlands Straßen unterwegs ist. Unser Gewerk ist besonders energieintensiv, weil wir Lackierkabinen benutzen. Das müssen Sie sich wie eine überdimensionierte Heizung vorstellen. Wenn man ein Fahrzeug lackiert, muss die Farbe dort getrocknet und eingebrannt werden - das geht dann nur mit einer hohen Temperatur.
Wir haben zwar schon vor drei Jahren ein Blockheizkraftwerk eingebaut. Damit machen wir heißes Wasser, das dann umgewandelt und in die Lackierkabinen gepresst wird. Gefüttert wird dieses Blockheizkraftwerk aber mit Gas. Wir haben einen immensen Gasaufwand von rund einer Million Kilowattstunden.
Aus dem einfachen Grund: Wir können die Kosten nicht weitergeben. Es gibt fixe Vorgabekosten von Versicherungen, was etwa die Reparatur von einem Kotflügel kosten darf.
Gestern habe ich mit meinen 60 Mitarbeitern eine Betriebsversammlung gemacht und gesagt: Wir müssen alle irgendwo Energie sparen. Macht das Licht aus, wenn ihr aus dem Frühstücksraum kommt. Schaltet die Lackieranlage wirklich erst an, wenn ihr rein lauft und nicht zehn Minuten früher. Macht im Winter, wenn ein Auto aus der Halle rausfährt, das Tor dahinter gleich wieder zu, damit die Warmluft drin bleibt.
Wir leben jetzt aus der Substanz. Geld, das für Investitionen geplant war, nehmen wir jetzt und müssen bestehende Energiekosten damit begleichen. Das kann man nur einen kurzen und begrenzten Zeitraum fahren."