Unser Stromnetz ist offenbar fragil: Weil der Verkauf an elektrischen Heizgeräten für die Steckdose sprunghaft angestiegen ist, warnen Netzbetreiber vor möglichen Blackouts.
Durch die steigenden Gaspreise wollen viele auf elektrische Heizlüfter umsteigen. Sie sind derzeit ausverkauft.
Peter Lautz ist Herr der Wiesbadener Netze. 170.000 Kunden werden von den Stadtwerken mit Strom versorgt. Lautz hat eine dringende Botschaft, die mit der Gaskrise zusammenhängt: Er warnt vor Heizkörpern, die zu Hause in die Steckdose gesteckt werden können. Der Chef der Stadtwerke Wiesbaden Netz GmbH prognostiziert:
Ein Blackout, provoziert durch kleine Heizlüfter? Ist unser Netz wirklich so fragil? Ja, meint Lautz. Die Heizgeräte seien mit 1.000 bis 3.000 Watt echte Stromfresser: "Wenn jeder einen Heizlüfter zuhause einschaltet, würde es bedeuten, dass wir die vorhandene Netzstruktur in jeder Straße nahezu verdoppeln müssten." Die Dynamik der Entwicklung sei besorgniserregend.
2022 wurden 35 Prozent mehr Heizlüfter verkauft
Mit "dynamischer Entwicklung" meint Lautz den sprunghaft gestiegenen Absatz von Heizlüftern, -strahlern oder -radiatoren in den Baumärkten: 600.000 Heizgeräte sind im ersten Halbjahr 2022 verkauft worden, meldet die GfK, ein Plus von 35 Prozent.
Geben die Kraftwerke den zusätzlich benötigten Strom für so viele Heizgeräte überhaupt her? Ungefähr 20 Millionen Haushalte heizen in Deutschland mit Gas. Sollte davon jeder zweite Haushalt an einem kalten Wintertag einen Heizlüfter einschalten, ergäbe das einen zusätzlichen Stromverbrauch von 20 Gigawatt.
Nicht nur Privathaushalte durch hohen Stromverbrauch bedroht
Eine Belastung, die die Kraftwerke überfordern würde, sagt auch Martin Kleimaier vom Verband der Elektrotechnik (VDE). Blackouts träfen aber nicht nur die Privathaushalte. Auch die Infrastruktur, das heißt die Kassensysteme, Mobilfunknetze und Straßenbeleuchtung wären für einen längeren Zeitraum lahmgelegt.
Denn das Netz kann womöglich nicht gleich wieder hochgefahren werden, sollten die Verbraucher die Geräte trotz Stromausfall eingeschaltet lassen. Die Überlastungssituation würde sich im Moment des Hochfahrens wiederholen und die Schutzsysteme würden abermals die Stromversorgung herunterfahren, erläutert der Wiesbadener Lautz.
Deutschland will aussteigen: keine Kohle, kein Gas, keine Atomkraftwerke. Stattdessen wollen wir voll auf erneuerbare Energien umsteigen. Droht ein großer Strom-Blackout?
Auch E-Autos fordern Netzbetreiber heraus
VDE-Experte Kleimaier setzt auf intelligente Netze:
Mit einem digitalen Stromzähler, der mit dem Versorger kommunizieren kann, würden in solchen Überlastsituationen kleinere Einheiten einfach abgeschaltet werden können, bevor es zu einem generellen Blackout kommt. In Anbetracht der geplanten Millionen Elektrofahrzeuge, die künftig am Stromnetz geladen werden, seien solche Lösungen zwingend. Der Strombedarf der Energiewende ist riesig. Die Gefahr von Blackouts sollte es nicht sein.
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