Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist stark gesunken: Die Stimmung in den deutschen Unternehmen war damit so schlecht wie seit Juni 2020 nicht mehr. Die Sorge vor einer Rezession wächst.
Das Ifo-Institut sieht Deutschland wegen der hohen Energiepreise und der drohenden Gasknappheit "an der Schwelle zur Rezession". Der Ifo-Geschäftsklimaindex sank von 92,2 Punkten im Juni auf 88,6 Punkte im Juli, wie das Ifo-Institut am Montag erklärte. Die Stimmung in den deutschen Unternehmen war damit so schlecht wie seit Juni 2020 nicht mehr.
Die Stimmung verschlechterte sich demnach in allen Wirtschaftsbereichen: Der Index im Verarbeitenden Gewerbe sank stark ab, zum ersten Mal seit zwei Jahren waren zudem die Auftragseingänge leicht rückläufig. Im Dienstleistungssektor fiel die Stimmung ebenfalls erheblich, nach "zuletzt großem Optimismus" drehte sich laut Ifo auch die Stimmung im Tourismussektor und im Gastgewerbe.
Baugewerbe so schlecht bewertet wie im April 2016
Auch im Handel blieb das Geschäftsklima schlecht. Die aktuelle Geschäftslage bewerteten die Händler schlechter, auch ihre Sorgen mit Blick auf die kommenden Monate nahmen weiter zu.
Nach einer kurzen Erholung verschlechterte sich auch die Stimmung im Baugewerbe: Die aktuelle Lage wurde im Juli laut Ifo so schlecht bewertet wie zuletzt im April 2016. Mit einer Besserung der Situation rechnen die Unternehmen demnach nicht.
Volkswirte besorgt über Ifo-Geschäftsklimaindex
Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, sagte zu den aktuellen Zahlen: "Der massive Einbruch des Ifo-Geschäftsklimas spiegelt vor allem die Angst der deutschen Unternehmen vor einer Gaskrise wider." Schließlich dürfte Putin früher oder später wieder am Gashahn drehen, um den Wählern und Politikern den Angstschweiß auf die Stirn zu treiben, damit sie die Ukraine nicht weiter militärisch unterstützen, so Krämer weiter.
Das Ifo-Geschäftsklima deutet nach Einschätzung des Volkswirts nun klar auf einen Abschwung der deutschen Wirtschaft hin.
Auch Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater sieht die aktuellen Entwicklungen mit Sorge. "Hohe Preise lassen die Nachfrage nach Gütern wie nach Dienstleistungen zurückgehen, und die Unternehmen schränken das Angebot ein, weil Transportprobleme und Inflation die Produktion unkalkulierbar machen."
Seiner Beurteilung nach ziehe aber die Unsicherheit über die Energieversorgung im Winter die Unternehmensstimmung am meisten nach unten. Kater ist sich sicher, die deutsche Wirtschaft stehe vor einer Phase der Stagnation, wenn nicht sogar Schrumpfung.
- Nahrungsmittel teurer, Bahnfahrten günstiger
Energie, Lebensmittel, Freizeit: In fast allen Bereichen sind die Kosten auch im Juni gestiegen. Doch 9-Euro-Ticket und Tankrabatt wirken dem Trend entgegen.
Für den Geschäftsklimaindex antworten monatlich rund 9.000 Unternehmen auf Fragen des Ifo-Instituts. Sie werden gebeten, ihre gegenwärtige Geschäftslage zu beurteilen und ihre Erwartungen für die nächsten sechs Monate abzugeben.