Die Zahl der Stornierungen von Bauprojekten ist stark angestiegen und die Nachfrage nach Immobilienkrediten eingebrochen. Gründe sind hohe Baukosten und steigende Zinsen.
Die Stornierungswelle im Wohnungsbau wächst an. Nach einer Umfrage des Münchener ifo-Instituts geben mittlerweile fast 17 Prozent der Unternehmen an, von Stornierungen im Wohnungsbau betroffen zu sein.
"Zukunftssorgen waren selten so groß"
Mit der Planungssicherheit platzt für eine zunehmende Anzahl von Menschen auch der Traum der eigenen vier Wände. Das stellen Sparkassen und Bausparkassen fest, bei denen gewöhnlich viele Anfragen zur Baufinanzierung auflaufen.
Schleweis führt das im "Handelsblatt" zum einem auf die Verunsicherung durch verschiedene Krisen zurück, zum anderen aber auch auf steigende Zinsen und Materialkosten.
Aktuell volle Bücher, aber zu wenig Material
Auf der anderen Seite trüben sich mit dem Einbruch auch die Geschäftserwartungen von Bauunternehmen nochmals ein. Der ifo-Indikator für die Branche ist in diesem Monat auf einen außergewöhnlich schwachen Wert gesunken.
Zwar verfügten die Unternehmen noch über große Auftragsreserven. "Aber die Zukunftssorgen waren selten so groß. Die Erwartungen notieren auf dem tiefsten Stand seit Beginn der Erhebung 1991", sagt Felix Leiss vom ifo-Institut. Ein Drittel der Bauunternehmen klagt nach wie vor über Probleme wegen Materialmangels und hoher Preise.
Mit höheren Bauzinsen rechnen
In Folge der angespannten Lage planen die Unternehmen für die kommenden Monate auf breiter Front weitere Preiserhöhungen. Auf Häuslebauer und Immobilienkäufer kommen aber nicht nur höhere Baukosten zu. Auch die Finanzierung gestaltet sich zunehmend schwer.
Am Dienstag lagen die Zinsen für Kredite zur Bau- und Immobilienfinanzierung mit zehnjähriger Zinsbindung bei fast 3,9 Prozent, so die Daten von Interhyp. Interhyp ist der nach eigenen Angaben größte Vermittler privater Baufinanzierungen in Deutschland. Und Besserung ist nicht in Sicht.
Im Vergleich zum Vorjahr, wo die Zinsen für Bau- oder Kaufvorhaben bei einem Prozent lagen, haben sie sich also fast vervierfacht.
Ein Baugrundstück ist für junge Familien fast wie ein Sechser im Lotto. In Gemeinden stapeln sich die Anfragen.
Politischer Handlungsbedarf
Hintergrund sind die starken Zinsanhebungen seitens der Europäischen Zentralbank. Die hat in diesem Jahr die Zinsen in zwei großen Schritten auf 1,25 Prozent angehoben. Zugleich hat sie für Herbst weitere Zinserhöhungen angekündigt. Die hohe Inflation wiederum führt zu Reallohnverlusten bei den meisten Menschen und damit schwindender Kaufkraft. Auch das lässt den Traum vom Eigenheim in die Ferne rücken.
Deswegen sieht Sparkassenpräsident Schleweis politischen Handlungsbedarf. "Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass für eine junge Familie mit zwei Durchschnittsgehältern Wohneigentum nur schwer erschwinglich ist." Schleweis spricht sich dafür aus, die Grunderwerbssteuer zu senken und weitere Förderprogramme der Staatsbank KfW aufzulegen.
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Auch Miet-Wohnungsmarkt problematisch
Die Konsequenzen dieser durch die Krise bedingten Entwicklungen erfahren auch Mieter am Wohnungsmarkt. So zeigt eine jüngst vom arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaft veröffentlichte Studie, dass in drei Viertel aller untersuchten Kreise in der Republik die Erschwinglichkeit von Mietwohnungen gesunken ist. Und dieser Trend verschärft sich aktuell durch die steigenden Wohnnebenkosten.
"Die Politik sollte hier genau anschauen", mahnt Studienautor und Immobilienökonom Michael Voigtländer. Denn viele Menschen könnten aus finanziellen Gründen nicht mehr umziehen. Das treffe insbesondere junge Erwerbstätige, Studenten und Familien mit kleinen Kindern.