Deutschlands Großstädte brauchen neue Stadtteile für Tausende Menschen. So wird jedes freie Fleckchen verplant. Mancherorts geht das sogar zu Lasten der Landwirtschaft.
Deutschland baut und baut. Jeden Tag werden hierzulande im Schnitt 56 Hektar für Siedlungs- und Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Die Bundesregierung hatte zwar bereits 2002 beschlossen, den Flächenverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar pro Tag reduzieren. Doch es zeigt sich: Das gesteckte Ziel wird verfehlt.
"Grundsätzlich ist es kein gutes Beispiel, ein Ziel zu definieren, das man nicht erreicht, oder wo man auch nicht jährlich sagt, wo man steht und was man für Gegenmaßnahmen vorsieht, um das doch noch vielleicht zu erreichen" kritisiert die Bauingenieurin Lamia Messari-Becker.
Versiegelung am Stadtrand
Betonieren, Asphaltieren, Zupflastern - damit einher geht der Schwund an fruchtbaren Böden und Artenvielfalt. Vielerorts unterbrechen Neubausiedlungen die Frischluftzufuhr der Städte. Versiegelte Flächen begünstigen ferner Hochwasser.
Zudem erzeugen neue Wohnsiedlungen am Stadtrand immer mehr Verkehr. Und schließlich machen die Kommunen im Rahmen ihrer Planungshoheit über Bauflächen und Bebauungsplänen auch vor bestehenden Acker- und Weideflächen nicht Halt.
Warum Klimaerwärmung und zunehmende Versiegelung von Flächen unsere Landwirtschaft gefährden.
So soll beispielsweise in Hamburg zwischen der Stadtgrenze und dem Ortsteil Bergedorf ein neuer Stadtteil mit 7.000 Wohneinheiten gebaut werden. Die Grundstückskäufe sind abgeschlossen. Achtgeschossige Häuser, Kitas und Einfamilienhäuser für insgesamt 15.000 Menschen sind geplant.
Verlierer sind die örtlichen Landwirte. Ihre mit der Stadt abgeschlossenen Pachtverträge wurden gekündigt. Landwirt Andreas Soltau ist einer der Betroffenen und er bringt es auf den Punkt:
Die Doku von planet e zeigt, wie noch immer jeden Tag 56 Hektar Natur an das Baugewerbe verloren gehen.
Traum vom Eigenheim
Immer mehr Menschen verlangen immer mehr Platz zum Wohnen, und die Nachfrage nach freistehenden Häusern ist groß. Der Teppich aus Einfamilienhäusern steht jedoch im krassen Widerspruch zu weniger Versiegelung. Wissenschaftler sehen im Flächenfraß auch noch ein Problem fürs Klima:
"Das fängt an mit der Herstellung, also Baustoffherstellung. Die Zementherstellung allein macht acht Prozent der Treibhausgase weltweit", sagt Fuhrhop.
Naturnahe Flächen: "Eingriffs-Ausgleich-Regelung"
Wird unbebaute Landschaft für Siedlungen und Verkehrswege angetastet, gilt die "Eingriffs-Ausgleich-Regelung". Das heißt, für Bauten auf der grünen Wiese müssen anderswo neue naturnahe Flächen ausgewiesen werden.
Naturschutzorganisationen sehen das aber kritisch: " Wir haben das Problem, dass die Kompensation die Fläche nicht wieder herschafft. Die Fläche, der Boden, die Grundwasserneubildung, das ist unwiederbringlich weg", sagt Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger.
Wenn es also nicht gelingt, neue Wohnungsbaukonzepte schnell zu etablieren, dann wird er ausbrechen: der Kampf um freie Flächen.
Christine Elsner ist Redakteurin in der ZDF-Umweltredaktion.