Wohnraum verteuert sich so stark wie seit gut 20 Jahren nicht mehr. Auch auf dem Land ziehen die Preise an. Ökonomen warnen vor einer Preisblase in einigen Großstädten.
Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland steigen in Rekordgeschwindigkeit. Im dritten Quartal verteuerten sich Wohnungen und Häuser im Schnitt um 12 Prozent gemessen am Vorjahreszeitraum, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte.
Das sei bereits das zweite Mal in Folge der größte Preisanstieg seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000. Nicht nur in Großstädten, sondern auch auf dem Land schießen die Preise hoch. Schon im zweiten Quartal hatten die Wiesbadener Statistiker ein Plus von 10,8 Prozent errechnet - diese Rate wurde nun trotz Corona-Krise übertroffen.
DIW: Preiskorrekturen sind möglich
Niedrige Zinsen, knapper Wohnraum, fehlende Anlage-Alternativen gerade für Großinvestoren und eine robuste Wirtschaft treiben den Immobilienboom seit langem an. Zugleich treiben teures Material wie Holz, Zement und Stahl sowie knappe Kapazitäten in der Bauwirtschaft die Baupreise hoch. Mit der Pandemie und dem Trend zum Homeoffice sind Immobilien auch auf dem Land zunehmend gefragt.
Der Boom alarmiert Ökonomen: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) warnte vor einem Platzen von Immobilienblasen in einigen Städten. Nach mehr als einem Jahrzehnt steigender Preise hält das Institut nun in den kommenden Jahren größere "Preiskorrekturen" in Berlin, München, Hamburg, aber auch in anderen großen Städten sowie Uni-Städten für möglich. Es könne sinkende, aber auch stagnierende Preise geben, sagte Studienautor Konstantin Kholodilin. Die spekulativen Übertreibungen nähmen zu.
Kaufpreise für Wohneigentum stiegen demnach in diesem Jahr um neun Prozent, die Mieten wuchsen dagegen etwa nur halb so stark. "In den nächsten Jahren kann es dort zu Preiskorrekturen kommen, also zum Platzen von Immobilienpreisblasen", so Kholodilin. Das DIW wertete Daten aus den 114 größten deutschen Städten aus.
Die Baukonjunktur ist der Gewinner der IW-Konjunkturprognose. Der deutsche Wohnungsmarkt boomt auch 2022 weiter. Weil aber das Angebot mit der Nachfrage nicht mithalten kann, steigen vor allem die Preise.
Experten halten Preise für bis zu 30 Prozent zu hoch
Die Gefahr einer flächendeckenden Immobilienblase sei laut DIW jedoch überschaubar. Insgesamt seien Häuser solide finanziert. Es deute nichts auf Gefahren für die Finanzstabilität durch platzende Preisblasen hin. Zudem werde die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt kleiner.
Warnungen vor Blasen gab es im Immobilienboom schon oft - doch die Preise stiegen immer weiter. Von 2010 bis 2020 verteuerten sich gebrauchte Eigentumswohnungen um 85 Prozent und Ein- und Zweifamilienhäuser um 75 Prozent, wie jüngst der Marktbericht der amtlichen Gutachterausschüsse zeigte. Auch die Bundesbank hält die Märkte für überhitzt:
Wegen der steigenden Preise schwinde für immer mehr Menschen die Aussicht auf die eigenen vier Wände, warnt das DIW. Kurzarbeitergeld und andere Leistungen hätten bisher dafür gesorgt, dass die meisten Haushalte ihre Miete zahlen könnten. "Auch um Verwerfungen auf dem Immobilienmarkt zu verhindern, sollten die staatlichen Corona-Hilfen daher nicht zu früh zurückgefahren werden", empfehlen die Ökonomen.
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