Steigende Preise machen Verbrauchern Sorgen. Die Inflation ist im April auf einen Höchstwert gestiegen. Kann eine Mehrwertsteuersenkung helfen?
Wir leben in ungewöhnlichen Zeiten. Eigentlich hatte sich die Europäische Zentralbank einmal zwei Prozent als Inflationsmarke gesetzt. Es wäre zu schön, wenn sie ihre Ziele auch nur annähernd erreicht hätte.
Doch die Inflationsrate für April zeigt etwas anderes: Sie ist mit 7,4 Prozent auf den höchsten Stand seit dem Herbst 1981 gestiegen, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag anhand vorläufiger Berechnungen mitteilte.
Inflation einzelner Bundesländer über sieben Prozent
Im bevölkerungsreichsten Land Nordrhein-Westfalen stieg die Inflationsrate auf 7,7 Prozent und damit auf den höchsten Wert seit 1973. In Baden-Württemberg ging sie auf 7,0 Prozent hoch, wie die Statistikämter der Länder mitteilten. In Bayern hingegen ebbte die Jahresteuerung auf 7,5 Prozent ab, in Hessen sank sie leicht auf 7,9 Prozent.
Gründe sind vor allem steigende Energie-, Rohstoff- aber auch Nahrungsmittelpreise. Dies zeigt, dass die Verbraucherpreise auf breiter Front anziehen und nicht nur rund um Energie.
Ökonomen erwarten eine hohe Inflationsrate bis in den Herbst hinein und am Ende des Jahres 2022 rund fünf Prozent Teuerung.
Mehrwertsteuersenkung als Mittel der Wahl?
Was hilft gegen ständig steigende Preise? Immer wieder hört man bei verunsicherten Verbraucher und einzelnen Politikern die Forderung nach einer Senkung der Mehrwertsteuer, um der Inflation Einhalt zu gebieten.
Die Mehrwertsteuer ist eine wichtige Einnahmequelle und trägt fast ein Drittel zu den gesamten Steuereinnahmen des Bundes bei. Denjenigen, die am Ende des Monats wenig im Portemonnaie übrig haben, würde sie zugute kommen. Sie wäre eine vorübergehende Konjunkturstütze.
Mehrwertsteuersenkung ein Gewinn für Verbraucher?
Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem Jahr 2017 besagt, dass die ärmere Hälfte der Bevölkerung 38 Prozent zum Mehrwertsteueraufkommen beiträgt, aber nur knapp vier Prozent zur Einkommenssteuer. Sie betrifft eher die wohlhabenden Bevölkerungsschichten.
Doch käme eine Mehrwertsteuersenkung auch tatsächlich bei den Verbrauchern an und bremst sie tatsächlich die Inflation? Ökonomen sehen das kritisch. Eine Mehrwertsteuersenkung käme nicht immer auch den Verbrauchern zugute.
Verteuerungen machen auch dem Großhandel zu schaffen. Darüber spricht ZDF-Reporterin Cornelia Schiemenz mit der Hotelchefin Christina Zetzsche, Großmarkt-Geschäftsführer Thomas Fritzlar und dem Oberbürgermeister von Plauen, Steffen Zenner.
Mehrwertsteuersenkung könnte Inflation noch anheizen
Wenn man die Preise auf breiter Front senken würde, hätten die Menschen plötzlich mehr Geld zum konsumieren übrig. Das wiederum erhöhe dann die Nachfrage. Wenn also die Nachfrage steigen würde bei gleichbleibendem Angebot, ziehen wiederum die Preise an.
Kurioserweise wäre nichts gewonnen, im Gegenteil. Senkt man die Mehrwertsteuer auf breiter Front, könnte sie sogar zu steigenden Preisen führen. Gezielt eingesetzt sieht die Lage anders aus. Fraglich ist aber, ob die Inflationsbekämpfung eigentlich Sache der Politik ist?
Eine vorübergehende Mehrwertsteuersenkung - wie wir sie z.B. hatten, um die Folgen der Corona-Pandemie abzufedern, könnte möglicherweise nur "Windowdressing" sein und keine nachhaltige Inflationsbekämpfung.
EZB kommt nun ins Spiel
Die eigentlichen Akteure auf dem Spielfeld im Kampf um ständig steigenden Preise müssen die Notenbanken bleiben. Allen voran die Europäische Zentralbank. Sie sollte die Kontrolle über die Inflationsbekämpfung behalten und vor allem auch dafür sorgen, dass sich die Inflation nicht verfestigt.
Ein Anfang könnte gemacht sein. Gestern hat EZB-Chefin Christine Lagarde ein Ende der Anleihenkäufe für Juni angekündigt, was auf dann steigende Zinsen hindeuten könnte.
Sina Mainitz ist Redakteurin im ZDF-Börsenstudio.
- Was die EZB gegen hohe Inflation tun kann
Preise steigen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Europäische Zentralbank soll diese Inflation bekämpfen. Doch ein steigender Leitzins allein reicht in so einer Krise nicht.