Die Inflation im Euroraum ist auf ein neues Rekordhoch geklettert. Die Verbraucherpreise stiegen im Mai nach vorläufigen Angaben um 8,1 Prozent.
Die Inflation in der Eurozone hat vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs ein neues Rekordhoch erreicht. Die Verbraucherpreise verteuerten sich im Mai um 8,1 Prozent, wie die EU-Statistikbehörde Eurostat auf der Basis einer ersten Schätzung mitteilte.
Preistreiber waren vor allem die hohen Energiepreise - sie stiegen um 39,2 Prozent im Jahresvergleich. Lebensmittel, Alkohol und Tabak verteuerten sich laut Eurostat um 7,5 Prozent.
Verbraucherpreise steigen und steigen
Seit November war die Inflation in den 19 Ländern der Eurozone auf immer neue Rekordhöhen gestiegen. Im März und April lag sie bei 7,4 Prozent. Damit stiegen die Verbraucherpreise in den vergangenen Monaten so stark an wie noch nie seit Beginn der Eurostat-Aufzeichnungen im Jahr 1997.
Die Inflation sei "mit großer Sorge und großer Wichtigkeit zu behandeln", da die staatlichen Rabattmaßnahmen nur kurzfristig helfen, so Jörg Rocholl, European School of Management and Technology.
Für Deutschland schätzt Eurostat den Anstieg der Lebenshaltungskosten in Deutschland auf 8,7 Prozent. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden hatte am Montag in einer ersten Schätzung eine Rekord-Inflation von 7,9 Prozent für Mai gemeldet. Die höhere Eurostat-Zahl erklärt sich mit einer harmonisierten Berechnungsmethode für die 19 Länder der Währungsunion.
Kritik an EZB-Zinspolitik
Vor dem Hintergrund der neuen Zahlen zur Inflation im Euroraum kritisierte der Commerzbank-Chefvolkswirt das zögerliche Vorgehen der EZB: "Ich verstehe nicht, warum die EZB mit der Abschaffung ihrer Negativzinsen bis Ende des dritten Quartals warten möchte. Jede neue Inflationszahl zeigt, wie riskant dieses Zögern ist."
Die Regierungen von Polen, Österreich und Frankreich haben verschiedene Taktiken, um die immer höheren Energiepreise für ihre Bevölkerung bestmöglich abzufedern.
Ähnlich äußerte sich auch Thomas Gitzel von der VP-Bank: "Die Inflationsraten erreichen nun beinahe US-amerikanisches Niveau - mit dem Unterschied, dass die Fed die geldpolitische Wende bereits eingeläutet hat. Die EZB kauft derweil weiterhin Wertpapiere und die Zinsen befinden sich noch immer im negativen Bereich. Die europäischen Währungshüter sind zu spät dran."
Um die steigende Inflation zu bekämpfen, peilt die Europäische Zentralbank die erste Zinserhöhung im Euroraum seit elf Jahren an: Die EZB will mit zwei Zinsschritten im Juli und September die derzeit negativen Einlagenzinsen von minus 0,5 Prozent beenden. "EZB-Chefin Christine Lagarde sollte sich nicht davor scheuen, im zweiten Halbjahr einen deutlichen Kurswechsel einzuläuten", sagt Gitzel. Es gehe um "die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik und die Stabilität des Euro".
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