Millionen Deutsche wünschen sich einen Jobwechsel: Manche wagen den großen Schritt aus Leidensdruck, andere aus Abenteuerlust oder um sich einen Lebenstraum zu erfüllen.
Wiebke Müller spürte, dass sie auf einem Weg war, der nicht zu ihr passte. Aber einfach umkehren? Dafür war sie doch schon zu weit gegangen. Als Mediendesignerin hatte sie bereits einige Stufen auf der Karriereleiter genommen. Doch gleichzeitig stieg ihr Frust:
Im Sommer 2020 fasste sie sich - mit Mitte 30 - ein Herz, kündigte ihren Job und bewarb sich noch am selben Tag für eine Ausbildung zur Tagesmutter. "Ich habe gepokert und alles reingeworfen", sagt sie - und bricht in ein Lachen aus, das deutlich macht: Sie hat gewonnen. Es hat sich gelohnt, noch einmal einen neuen Weg einzuschlagen.
Heute betreut Wiebke Müller wochentags vier bis fünf Kleinkinder. Über dem Eingang ihrer Kindertagespflege in Mainz hängt ein buntes Schild mit dem Schriftzug "Hoppipolla". Der isländische Ausdruck steht für "die Freude, in Pfützen zu hüpfen", erzählt Müller. "Das ist unser Motto - viel Spaß haben, jeden Tag."
Frauen gründen seltener - aber erfolgreicher, wie "plan b" zeigt.
30- bis 39-Jährige besonders wechselwillig
Nach solchen Emotionen sehnen sich viele im Land: Einer Forsa-Umfrage zufolge denken vier von zehn Erwerbstätigen darüber nach, sich einen neuen Arbeitgeber zu suchen.
Vor allem bei den 30- bis 39-Jährigen ist der Wunsch nach Veränderung groß: Fast jeder Zweite zeigt sich willens, den Job zu wechseln. Als häufigsten Grund für einen Wechsel nennen die meisten ihre Unzufriedenheit mit dem Chef. Aber ein gutes Viertel der Befragten vermisst auch die Sinnhaftigkeit im Job.
Mit Hilfe von Profis sich (neu) orientieren
Doch nicht jeder, der mit seiner Arbeit unzufrieden ist, hat ein klares Bild von seinem Traumberuf. Die nötige Orientierung können Freunde geben, die Arbeitsagentur oder professionelle Berufs- und Karriereberater.
Kind und Job – wie lässt sich das gut vereinbaren? Die Lösung liegt für manche Frauen darin, sich selbstständig zu machen. Zwei von ihnen berichten über ihre Erfahrungen als Gründerinnen.
Die Coachin Kathrin Brückner etwa hilft Menschen, die Klarheit brauchen für ihre nächsten beruflichen Schritte.
Arbeitsplatz- oder Berufswechsel?
"Oft berichten die Leute von unterirdischen Arbeitsbedingungen", erzählt die Beraterin. In solchen Fällen lasse sich bereits durch einen Jobwechsel das Wohlbefinden häufig deutlich steigern. Wer sich aber mit einem echten Berufswechsel beschäftigt, "fühlt sich zu etwas anderem hingezogen", betont Brückner.
In solchen Fällen versucht die Coachin mögliche Berufsbilder einzukreisen. "Ich mache mir in längeren Gesprächen ein genaues Bild vom Charakter des Klienten, von seinen Interessen und persönlichen Werten im Privaten wie im Beruflichen", erzählt sie.
Eine gründliche "Selbstreflexion" betrachtet sie als Basis für einen gelungenen Berufswechsel. "Wer da nicht ehrlich zu sich ist, wird am Ende nicht glücklich", sagt Brückner.
Anfängliche Geldeinbußen einkalkulieren
Die Kunst bestehe zudem darin, sich vor dem "Absprung" ein realistisches Bild vom angestrebten Beruf zu machen. Brückner empfiehlt deshalb, den Urlaub zu nutzen, um durch ein Praktikum schon einmal in das neue Metier hineinzuschnuppern.
Wer den Neuanfang wagt, muss oft mit einem geringeren Einkommen auskommen. Das gilt vor allem für diejenigen, die in der Mitte des Lebens den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Das passiert oft.
Unsere Gesellschaft wird immer älter. Vielerorts herrscht Fachkräftemangel. Es schlägt die Stunde der Senior-Azubis, die mit 50 plus eine Ausbildung beginnen.
Ältere Gründer durch Lebenserfahrung im Vorteil
Menschen ab 45 machen ein Viertel der Gründer aus. Grundsätzlich sind Menschen ab 45 dabei häufig sogar erfolgreicher als Jüngere. Laut einer Studie der Northwestern University im US-Bundesstaat Illinois haben Gründer im Alter von 50 Jahren in der Techbranche eine fast doppelt so hohe Erfolgsquote wie 30-Jährige. Ihr großer Pluspunkt: Lebenserfahrung. Dadurch können sie Risiken oft besser abschätzen.
Die Risiken ihres persönlichen Berufswechsels hielt Wiebke Müller für überschaubar. Auch die Aussicht, sich finanziell nicht unbedingt zu verbessern, hat sie nicht abgeschreckt. Sie sagt: