Kletter-Pionier und Patagonia-Gründer Yvon Chouinard geht einen Weg, den bisher noch niemand gegangen ist. Er hat sein Unternehmen abgegeben und will damit den Planeten retten.
Wer sich für nachhaltige Outdoor-Bekleidung interessiert, wird das Unternehmen Patagonia kennen. Unbekannter mag hingegen der Mann sein, der es vor rund 50 Jahren gegründet hat und bislang der Besitzer war. Yvon Chouinard sorgt im Alter von 83 Jahren mit einem ungewöhnlichen Schritt nicht nur in der Wirtschaftswelt für Aufsehen.
"Ich wollte nie ein Unternehmer sein", schreibt der US-amerikanische Pionier des Bigwall-Kletterns in einem am Mittwoch veröffentlichten Statement und verkündet, dass er seine Firma an eine gemeinnützige Organisation und eine Stiftung abgibt.
Patagonia spendet Gewinne für Klimaschutz
Patagonia hat nach Angaben der New York Times, die als erstes darüber berichtete, einen Wert von rund drei Milliarden US-Dollar. Alle Gewinne, geschätzt etwa 100 Millionen Dollar pro Jahr, die nicht wieder ins Unternehmen investiert werden, sollen künftig in den Kampf gegen Erderwärmung und Naturschutz fließen.
"Die meisten Milliardäre spenden pro Jahr nur einen sehr kleinen Prozentsatz ihres Vermögens, daher ist das ein bemerkenswertes Ereignis in der Geschichte der US-amerikanischen Philanthropie", sagt David Callahan, Gründer von "Inside Philanthropy" gegenüber ZDFheute.
Patagonia bleibt profit-orientiertes Unternehmen
Es war ein Prozess, der rund zwei Jahre gedauert hat. Mitte 2020 soll Gründer Chouinard seine Berater damit beauftragt haben, eine gute Lösung dafür zu finden, wie er sein Unternehmen loswerden könnte.
Nun steht fest: Patagonia wird weiterhin als privates und profit-orientiertes Unternehmen mit Sitz im kalifornischen Ventura operieren, mit dem derzeitigen Geschäftsführer Ryan Gellert an der Spitze. Das Unternehmen ist jedoch nicht mehr länger in der Hand der Familie Chouinard. Die neuen Eigentümer sind die nicht-profitorientierte Organisation (NPO) namens "Holdfast Collective" und die neu gegründete Stiftung namens "Patagonia Purpose Trust".
Wie erkenne ich nachhaltige Kleidung?
Die NPO wird nach Angaben von Patagonia jeden erhaltenen Dollar zur Bekämpfung der Umweltkrise und zum Schutz der Natur und Artenvielfalt einsetzen. Darüber hinaus können Spenden auch in Lobbyarbeit oder an politische Kandidaten fließen. "Patagonia Purpose Trust" wurde hingegen gegründet, um sicherzustellen, dass das Unternehmen seinem Zweck verpflichtet bleibt, nämlich den "Heimatplaneten zu retten". Die Stiftung besitzt alle stimmberechtigten Aktien und genehmigt alle wichtigen Unternehmensentscheidungen.
Motive für Philanthropie nicht immer edel
Die Motive dafür, große Summen für gemeinnützige Zwecke zu spenden, seien unterschiedlich und längst nicht immer edel, erklärt Callahan. "Manche versuchen mit ihren Spenden, Steuern zu umgehen oder ihren Ruf und Status aufzupolieren". Bei Patagonia-Gründer Yvon Chouinard seien die Beweggründe klar.
Er habe nie wirklich an ein streng kapitalistisches System geglaubt, sei immer ein Bergsteiger und Naturfreund gewesen, so Callahan. Bei Milliardären wie Chouinard komme hinzu, dass sie ohnehin viel mehr Geld besitzen, als sie jemals in ihrem Leben ausgeben könnten. Darüber hinaus erhält die Familie Chouinard keine Steuererleichterung. Ganz im Gegenteil: rund 17,5 Millionen US-Dollar an Steuern fallen allein für die Übertragung ihrer Anteile an die Stiftung an.
Yvon Chouinard nicht vergleichbar mit Bill Gates
Wie besonders der Schritt von Yvon Chouinard ist, zeigt ein Blick auf andere, die sich mit dem Label "Philanthrop" schmücken - wie Microsoft-Mitgründer Bill Gates. Auch wenn er in gute Zwecke investiert, hat er keine großen Teile seines Vermögens abgegeben, sondern in den vergangenen zehn Jahren sein Vermögen verdoppelt.
"Genau das macht Patagonia so ungewöhnlich", erklärt Callahan. Dass ein Unternehmer komplett zurücktritt und für den Kampf gegen Klimawandel auf alle Gewinne verzichtet, sei so bisher noch nicht passiert. Dabei verzichtet nicht nur der 83-jährige Gründer auf das Vermögen, sondern auch seine Frau Malinda und seine erwachsenen Kinder Fletcher und Claire, die eigentlichen Erben des milliardenschweren Unternehmens.
Womöglich bestärkt dieser ungewöhnliche Schritt auch andere dabei, neue Wege einzuschlagen. Bergsteiger-Pionier Chouinard würde sich es zumindest wünschen. "Hoffentlich wird dies eine neue Form des Kapitalismus beeinflussen, die nicht mit ein paar Reichen und einem Haufen armer Leute endet", sagte er gegenüber der New York Times.
Ob Patagonias Plan aufgeht, den Planeten zu retten, wird sich zeigen. Aber warum als Milliardär sterben, wenn man mal nebenbei versuchen kann, die Welt zu retten.
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