Ausgleich für CO2-Preis: Wann kommt das Klimageld?
Ausgleich für CO2-Preis:Wann kommt das Klimageld?
von Mark Hugo
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Das Klimageld ist seit Jahren versprochen, beschlossen aber noch immer nicht. Nach der Wahl könnte sich das sehr schnell ändern. Wer künftig aber wie viel Geld bekommt, ist offen.
Tanken wird immer teurer? Den Ausgleich dafür soll das sogenannte Klimageld bringen.
Quelle: imago images
Die Idee ist einfach: Dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger an der Tankstelle und beim Heizen immer mehr zahlen müssen, bekommen sie ein Klimageld zum Ausgleich. Vereinbart war das zwar schon im Koalitionsvertrag der Ampel. Beschlossen ist es aber bis heute nicht. Das könnte sich bald ändern.
Klimaschutz ist wichtig, doch wie sozial gerecht sind die beschlossenen Maßnahmen?27.11.2023 | 4:56 min
Klimageld im Wahlprogramm
Nicht nur in Talkrunden und Debatten wird es immer wieder an- und versprochen, als "Klimageld" oder "Klimabonus" steht es auch in den meisten Wahlprogrammen, darunter in denen von CDU/ CSU, SPD und den Grünen.
Es ist realistischer geworden, weil alle Parteien nun konsequent darauf rekurrieren und konkrete Versprechungen machen.
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Dr. Michael Pahle, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)
Die Grundidee des Klimageldes, so wie es auch in anderen Ländern gehandhabt wird, ist: Jeder bekommt eine pauschale Summe pro Kopf. Wer wenig Treibhausgase verursacht, kann auf diese Weise belohnt werden - wer viele verursacht, zahlt drauf. So hat es kürzlich auch der Expertenrat für Klimafragen empfohlen. Das Klimageld jedenfalls sei "zentral für die Abfederung sozialer Härten durch die CO2-Bepreisung".
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Niemanden überfordern
Ob das Klimageld aber so beschlossen und umgesetzt wird, ist fraglich. Die SPD spricht im Wahlprogramm nur "von geeigneten Maßnahmen auf europäischer und nationaler Ebene (zum Beispiel Klimageld)". Diese sollen "dafür Sorge tragen, dass niemand überfordert wird". Die CDU will einen "Klimabonus", der "Verbraucher und Unternehmen schnell und effizient mit einem sozialen Ausgleich" entlasten soll. Und: "Wir reduzieren mit den CO2-Einnahmen zuerst die Stromsteuer und Netzentgelte."
Am konkretesten sind die Grünen: Einen "Großteil" der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung "werden wir als sozial gestaffeltes Klimageld an Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen auszahlen".
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13 Milliarden eingenommen
Dabei solle das Klimageld gleichmäßig mit den Einnahmen aus der CO2-Bepreisung steigen. 2024 nahm der Staat immerhin bereits 13 Milliarden Euro ein. Künftig wird es mehr sein.
An der Frage der genauen Ausgestaltung - vor allem der Staffelung - hakte es schon bei Rot-Grün-Gelb. "Hier hatten die Ampelparteien offensichtlich ganz unterschiedliche Vorstellungen, was eine schnelle Umsetzung blockiert hat", so Dr. Michael Pahle vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).
Ob die Einigkeit in der neuen Bundesregierung größer ist, bleibt abzuwarten.
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Dr. Michael Pahle, PIK
Druck steigt ab 2027
Der Druck wird spätestens ab 2027 wohl deutlich zunehmen. Der bisher feste deutsche CO2-Preis auf Sprit, Erdgas und Heizöl soll dann in ein europäisches Emissionshandelssystem übergehen. Seit 2021 steigt der Preis auf nationaler Ebene gemäß dem Gesetz stetig und wurde zuletzt zum Jahresbeginn auf 55 Euro pro Tonne erhöht. Die Kosten werden üblicherweise an die Verbraucher, etwa an der Tankstelle, weitergegeben.
Der Europäische Emissionshandel (ETS) ist seit 2005 das zentrale Klimaschutzinstrument in Europa. Ziel ist die Reduktion der Treibhausgas-Emissionen vor allem der Energiewirtschaft und der energieintensiven Industrie. Unternehmen wird dabei eine bestimmte Anzahl an Zertifikaten zugewiesen, die zum Ausstoß von Treibhausgasen berechtigen. Stößt ein Unternehmen mehr Treibhausgase aus, dann muss es Zertifikate zukaufen - zum Beispiel an einer Börse. Und umgekehrt: Spart ein Unternehmen durch klimaschonende Technik Treibhausgase ein, dann kann es Zertifikate verkaufen.
Da die Menge der Zertifikate Jahr für Jahr reduziert wird, führt das zu einem Rückgang der Treibhausgase. "Die Emissionen sind in den letzten Jahren signifikant zurückgegangen", beobachtet Wolfgang Treber, Leiter der Marktsteuerung an der Energiebörse EEX. "Der CO2-Ausstoß aus Anlagen innerhalb des europäischen Emissionshandelssystems ist in 2023 um 16,5 Prozent gesunken. Das ist die stärkste Reduktion, die wir seit dem Start des ETS sehen."
Ab 2027 soll es mit dem ETS 2 ein sehr ähnliches System für den Bereich Verkehr und Gebäude geben. Der deutsche CO2-Preis, bei dem es bisher festgelegte Preise auf Benzin, Diesel, Erdgas und Heizöl gibt, soll darin aufgehen. Einer der Hauptunterschiede: Der Preis pro Tonne CO2 soll dann nicht wie aktuell vorher festgelegt werden, sondern sich am Markt bilden.
Weil die ausgegebenen Zertifikate sich an den Klimazielen der EU orientieren und daher stark begrenzt sein dürften, erwarten die Verbände ab 2027 deutlich steigende Preise.
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Zu welchem Preis pro Tonne die Ausstoßrechte ab 2027 frei gehandelt werden, ist noch unklar. Aber:
Vermutlich wird der Preis sehr, sehr deutlich ansteigen.
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Prof. Manfred Fischedick, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie
Und zwar auf 200 bis 300 Euro pro Tonne, vermutet Klimaforscher Manfred Fischedick vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Spritpreise von über zwei Euro pro Liter könnten nach Schätzungen dann normal werden.
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Geld für vulnerable Haushalte
Wie auch immer es kommen wird: "Das Klimageld sollte so ausgestaltet sein, dass nur die vulnerablen Haushalte davon profitieren", schlägt PIK-Ökonom Pahle vor. "Das sind Haushalte, die hohe Kosten fürs Tanken und Heizen im Vergleich zu ihrem Einkommen haben, und keine sonstigen Unterstützungsleistungen wie zum Beispiel Bürgergeld oder Wohngeld in ausreichendem Maß beziehen."
Zusätzlich müsste der Umstieg auf grüne Technologien gefördert werden. Hausaufgaben für die wie auch immer gefärbte neue Bundesregierung.
Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion
Der Klimawandel schreitet voran - abgeschwächt wird er, wenn wir weniger CO2 und andere Treibhausgase ausstoßen. Wichtige Daten zum Klimawandel im Überblick: