Gesunde Böden sind die Lebensgrundlage für uns Menschen sowie zahllose Tiere und Pflanzen. Doch diese Basis ist in Gefahr: Ein Drittel aller fruchtbaren Böden ist schon zerstört.
Wie unsere Böden noch zu retten sind, beschäftigt das Global Forum for Food and Agriculture, das in diesem Jahr coronabedingt nur virtuell stattfindet. Auf Einladung des Bundeslandwirtschaftsministeriums diskutieren Hunderte Fachleute und Minister*innen aus aller Welt vom 24. bis zum 28. Januar über neue Wege und Methoden. Schlagworte, die dabei des Öfteren fallen dürften, lauten "Humusfarming" und "Regenerative Landwirtschaft".
Was ist regenerative Landwirtschaft?
In der Steiermark haben sie genau damit schon Erfahrungen gesammelt. Die sieben Gemeinden der Ökoregion Kaindorf sind Vorreiter in Sachen humusaufbauende Landwirtschaft.
Einer der Mitbegründer ist Gerald Dunst. Der Kompost-Experte setzt beim Umbau der Landwirtschaft nicht nur auf die Bäuerinnen und Bauern, die von den neuen Methoden profitieren könnten, sondern auch auf einen tierischen Verbündeten.
Das erklärt Dunst in seinen Schulungen auf unkonventionelle Art als eines der Hauptziele des Humusfarming. "Wenn ich genug Regenwürmer hab', dann verschwinden die Steine, die werden einfach eingegraben von Regenwurmkot, von stabilstem Humus."
Daher setzt die regenerative Landwirtschaft darauf, das Bodenleben zu füttern. Zusammen mit Bakterien und anderen Kleinstlebewesen machen die Würmer aus abgestorbenen Pflanzenteilen fruchtbare Erde.
Jedes Jahr verlieren wir weltweit 100.000 Quadratkilometer guten Boden. Dabei ist er die Grundlage des Lebens.
Neue Wege in der Bodenbestellung bieten Insekten einen Lebensraum
In der Praxis heißt das: Erntereste werden nicht mehr vom Acker gefahren, sondern oberflächlich eingearbeitet. Nach der Ernte wird direkt wieder gesät, denn der Boden soll nie nackt liegen.
Ein ständiger Bewuchs verbessert nicht nur Bodenfruchtbarkeit und Wasserspeicherfähigkeit, sondern ist auch noch gut gegen Erosion. Zwischen dem Bewuchs mit Fruchtpflanzen wie Getreide, Bohnen oder Raps sorgen blühende Gründüngungen für einen gesunden Boden und bieten zudem Insekten einen Lebensraum.
"Humusfarmer" erhalten Prämie
Für die Landwirtinnen und Landwirte ist es eine oft mühsame und kostspielige Umstellung, die sich in der Ökoregion Kaindorf allerdings doppelt auszahlt: Die verbesserten Böden sind fruchtbarer und bringen dazu noch bares Geld.
Dank eines regionalen Zertifikatehandels gibt es für jede Tonne Humus, die nachweislich im Boden aufgebaut wird, eine Prämie. Denn der Hauptbestandteil von Humus ist Kohlenstoff, den die Pflanzen zuvor aus der Atmosphäre gezogen haben. Aus konventionellen Landwirten werden "Humusfarmer".
Ziel: CO2 im Ackerboden speichern
Der Weltklimabericht 2007 brachte den Stein in Kaindorf damals ins Rollen, erinnert sich Gerald Dunst:
Zusammen mit anderen Engagierten entwickelte er die Idee, dass Privatpersonen, Vereine, Unternehmen und Landwirte zusammenarbeiten, um den Ausstoß von Klimagasen nicht nur zu verringern, sondern überschüssiges CO2 aus der Atmosphäre im Ackerboden zu speichern.
Mehr Humus gegen den Klimawandel
Ein Ansatz, der im Kampf gegen den Klimawandel ein gigantisches Potential hat: Denn theoretisch fänden alle menschengemachten CO2-Emissionen im Boden Platz. Dazu müsste der Kohlenstoffanteil um jährlich 0,04 Prozent, also vier Promille, steigen.
Dieses Ziel verfolgt die Vier-Promille-Initiative der französischen Regierung. Ihr haben sich rund um den Klimagipfel 2015 in Paris viele Staaten, auch Deutschland, zumindest auf dem Papier angeschlossen. In der Praxis ist allerdings noch nicht viel passiert. Vielleicht bringen die Beratungen auf dem Global Forum for Food and Agriculture kommende Woche den Prozess ja voran.
- Daten zum Klimawandel im Überblick
Wie hat sich das Klima bereits verändert? Wie viel CO2 haben die Länder seit 1990 eingespart? Die wichtigsten Zahlen im KlimaRadar von ZDFheute.