Wirtschaftsweise kritisiert Lindner-Steuernentlastungspläne

    Kritik an Lindner-Plänen:Ökonomin: Besserverdiener profitieren mehr

    11.08.2022 | 07:56
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    Bundesfinanzminister Lindner hat seine Pläne zur steuerlichen Entlastung der Bürger vorgestellt. Volkswirtin und Wirtschaftsweise Grimm sieht deutlichen Nachbesserungsbedarf.

    Wirtschaftsweise Veronika Grimm.
    Wirtschaftsweise Veronika Grimm.
    Quelle: Hannes P. Albert/dpa

    Die Pläne von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zur Entlastung der Steuerzahler passen nach Einschätzung der sogenannten Wirtschaftsweisen Veronika Grimm nicht in die Zeit. Der "Rheinischen Post" sagte Grimm:

    Eine Reform, bei der nominal die Besserverdienenden mehr gewinnen, kommt einfach zum falschen Zeitpunkt.

    Veronika Grimm, Volkswirtin

    Den Ansatz, generell der kalten Progression entgegenzuwirken, begrüßte die Ökonomin.

    Prinzipiell ist aber richtig: die kalte Progression sollte ausgeglichen werden.

    Veronika Grimm, Volkswirtin

    Der Begriff beschreibt den Effekt, dass jemand durch eine Lohnerhöhung, die höchstens die Inflation ausgleicht, in einen höheren Steuertarif rutscht und somit letztlich bezogen auf die Kaufkraft weniger Geld in der Tasche hat.

    Wirtschaftsweise: Untere und mittlere Einkommen zielgerechter entlasten

    Zwar mache es Sinn, die Mitte der Gesellschaft angesichts der hohen Inflation zu entlasten. Andererseits bräuchten "wir zurzeit eine Entlastung vorwiegend der unteren und mittleren Einkommen, die die Härten durch die Preissteigerungen nicht allein tragen können", sagte das Mitglied des Wirtschafts-Expertenrats.
    "Man sollte versuchen, zielgerichtet untere und mittlere Einkommensgruppen zu entlasten, bis in die Mitte der Gesellschaft. Entlastungen mit der Gießkanne, wie etwa beim Tankrabatt oder einer Mehrwertsteuersenkung, sind nicht angezeigt", so die Wirtschaftsweise.
    Bei den Ampel-Partnern war die Reaktion auf Lindners Pläne gespalten. Der Co-Chef der SPD, Lars Klingbeil, begrüßte die Eckpunkte des Finanzministers zwar grundsätzlich, stellte jedoch fest, "dass die Spitzenverdiener überdurchschnittlich entlastet werden". Kritik, der der Finanzminister im ZDF entgegnete. Seine Pläne für den Inflationsausgleich seien "sozial ausgewogen".

    DIW-Chef Fratzscher kritisiert Lindners Entlastungspläne als ungerecht

    Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, bezeichnete die Pläne in der ARD als "sehr unausgewogen". "70 Prozent davon kommen den 30 Prozent mit den höchsten Einkommen zugute", kritisierte er. "Menschen mit geringen Einkommen, die keine oder wenig Einkommensteuer zahlen, bekommen praktisch gar nichts davon."
    Diese Menschen seien von der Inflation aber besonders betroffen.

    Merz: Pläne "gehen in die richtige Richtung"

    Reserviert reagierte auch der Vorsitzende der Grünen, Omid Nouripour. "Selbstverständlich kann der Finanzminister Vorschläge machen. Wir werden am Ende in der Koalition gemeinsam darüber beraten, welche Maßnahmen sinnvolle und gezielte Entlastungen sind", sagte er der Nachrichtenagentur dpa.
    Vom CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz kam grundsätzliche Zustimmung. "Die Vorschläge des Finanzministers gehen in die richtige Richtung", sagte Merz der dpa in Berlin.

    Pläne für Inflationsausgleich
    :Lindner: "Das ist sozial ausgewogen"

    Finanzminister Christian Lindner will Millionen Bürger bei der Steuer entlasten und so die Inflation ausgleichen. Im ZDF rechtfertigt er die Maßnahmen.
    Christian Lindner am 10.08.2022 in Berlin
    Interview
    Quelle: AFP, dpa

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