Deutschland will sich von russischem Gas lösen und rasch eine Flüssiggas-Infrastruktur aufbauen. In Wilhelmshaven gab Minister Habeck den Startschuss für schwimmende LNG-Terminals.
Die Bundesregierung drückt beim Aufbau einer Infrastruktur zum Import von Flüssigerdgas (LNG) massiv aufs Tempo. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) unterzeichnete am Donnerstag Pachtverträge für vier schwimmende Terminals, sogenannte Floating Storage and Regasification Units (FSRU).
Noch dieses Jahr soll LNG-Terminal in Betrieb gehen
Die erste dieser schwimmenden Plattformen soll noch bis Jahresende in Wilhelmshaven in Betrieb gehen. Am Donnerstag erfolgte dort auch der erste Rammschlag für einen Anleger, an dem die LNG-Tanker festmachen sollen.
Bereits im Winter soll in Wilhelmshaven Flüssigerdgas eintreffen. Dafür hat die Regierung ein Beschleunigungsgesetz zur Abkürzung der Genehmigungsverfahren auf den Weg gebracht. Es soll in den nächsten Tagen vom Kabinett beschlossen werden. Ziel ist es, die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu verringern und die Importe aus dem Land zu ersetzen.
Was sind schwimmende LNG-Terminals?
Bei den von Habeck unterzeichneten Verträgen für schwimmenden Terminals geht es um Spezialschiffe, die das Flüssigerdgas von LNG-Tankern aufnehmen, in den gasförmigen Aggregatzustand zurückverwandeln und in das Gasnetz einspeisen. Das ersetzt den langwierigeren Bau von kompletten Terminals.
Die Bundesregierung will diese Floating Storage and Regasification Units (FSRU) anschaffen, um damit bereits vor dem Bau fester Terminals LNG umschlagen zu können. Laut Habeck sollen bis zum Jahreswechsel zwei dieser Einheiten in Betrieb gehen. Weitere zwei FSRU sollen im Mai kommenden Jahres ans Netz gehen.
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Mit einer Kapazität von bis zu 7,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr sollen künftig 8,5 Prozent des deutschen Erdgasbedarfs in Wilhelmshaven angelandet werden. LNG-Projekte gibt es auch in Brunsbüttel mit Unterstützung von RWE und in Stade mit Hilfe von EnBW und in Rostock.
Bisher keine Flüssiggas-Terminals in Deutschland
Deutschland verfügt bislang über keine LNG-Terminals, ein direkter Import ist also nicht möglich. Bisher bezieht Deutschland Flüssiggas über Terminals im belgischen Zeebrügge, im französischen Dünkirchen und in den Niederlanden. Geplant ist in Deutschland der Bau von zwei LNG-Terminals in Brunsbüttel und in Stade. Europaweit gibt es aktuell 37 LNG-Terminals, 26 davon liegen in Mitgliedsstaaten der EU.
LNG spielt eine wichtige Rolle bei den Plänen der Bundesregierung, Deutschland unabhängiger von russischen Gaslieferungen zu machen. Deutschland importiert derzeit noch etwa 35 Prozent seines benötigten Gases über Pipelines aus Russland. Die Regierung schätzt, dass trotz des Baus der Flüssigerdgas-Terminals noch bis 2024 russisches Gas benötigt wird.
Umweltschützer kritisieren LNG-Terminals
Umweltverbände wie der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) kritisieren das Vorgehen der Regierung. Der Baustart des LNG-Terminals in Wilhelmshaven erfolge, ohne das eigentliche Genehmigungsverfahren abzuwarten. Statt politischer Schnellschüsse und Aktionismus brauche es ein belastbares Konzept für den Import erneuerbarer Energien. Im Baubereich befinde sich zudem ein gesetzlich geschütztes Biotop, das durch die Baumaßnahmen teilweise zerstört würde.
Wirtschaftsminister Habeck warnte im Sender RTL vor Klagen gegen den beschleunigten Bau von LNG-Import-Terminals:
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